Hier nun mal ein weniger schönes Kapitel über Südafrika, das in ähnlicher Form aber mit anderer Intensität auch in den anderen Ländern des südlichen Afrika auftritt.
Eine ganz besondere Erfahrung in Afrika ist das sogenannte Load Shedding. Also das zeitweise - mehr oder weniger - kontrollierte Abschalten des Stroms in ganzen Stadtbezirken oder Gemeinden. Die Abschaltung wandert dann von Bezirk zu Bezirk und Gemeinde zu Gemeinde. Eine Situation die uns Europäer wohl in den Wahnsinn treiben würde. Wir, die ja schon bei einem Stromausfall von nur einer Stunde einmal im Jahre in Panik geraten. Je nach Stufe des Load Sheddings fällt hier aber der Strom mehrfach am Tag aus. Früher waren die Ausfälle mit vier und mehr Stunden sehr lange und führten zu sehr vielen Problemen - zum Beispiel mit den Kühlschränken, Gefriertruhen oder den elektrischen Heizungen. Inzwischen ist die Abschaltzeiten auf 2 1/2 Stunden geändert. Immer noch ganz schön heftig, wenn man für 2 1/2 Stunden nach Sonnenuntergang im Dunkeln sitzt und kein Essen zubereiten kann. Also gehören hier Kerzen, Taschenlampen und entsprechende Akkus zur Standardausstattung. Ein Glück, wer einen Gasherd oder Grill zur Verfügung hat. Internet geht meistens noch über Handy, aber die normalen Hausanschlüsse sind in der Zeit aus.
Die angekündigten Zeitangaben unterliegen natürlich der afrikanischen Genauigkeit. Auch die aktuelle Stufe wird recht kurzfristig geändert. Es gibt eigene, gute Apps, um entsprechend auf dem Laufenden zu bleiben und planen zu können.
Besonders günstig ist die Abschaltung natürlich auch für die Sicherheitseinrichtungen und Alarmanlagen. Diese werden hier überwiegend per Notstromakkus oder mit Generatoren am Laufen gehalten. Je nach Größe des eigenen Generators und des Geldbeutels (Treibstoffkosten) können dann auch andere Gerätschaften weiter betrieben werden.
Mit diesem Load Shedding versucht der marode, von Korruption geplagte, staatliche Energieerzeuger Eskom die seit Jahrzehnten nicht getätigten Investitionen in die Erzeuger-Infrastruktur (überwiegend Kohle) zu überbrücken. Veraltete, schlecht gewartete Anlagen fallen entsprechend oft aus. Der Neubau von Kraftwerken scheint das Land regelrecht zu überfordern und ist ausgesprochen langsam. Die schon vor Jahrzehnten vorgelegenen, langfristigen Planungen wurden erfolgreich ignoriert und das Geld lieber anderweitig eingesetzt. Und das in einem Land, in dem der Stromverbrauch aufgrund der stark steigenden Bevölkerungszahlen (1990: 30 Mio, 2020: 60 Mio.) naturgemäß und voraussehbar zugenommen hat.
Vor allem an der Küste habe ich einige private, große Windparks gesehen, die sicherlich einiges an Leistung bereitstellen würden. Aber - laut lokalen Medien - wird da scheinbar im Hintergrund versucht, die privaten Unternehmen aus dem Strommarkt herauszuhalten.
Ein mit dem Load Shedding verwandtes Thema sind die lang anhaltenderen Stromausfälle über mehrere Tage. Diese haben eine ihrer Ursachen im sogenannten Cable Theft. Da werden von Kriminellen aus der öffentlichen Infrastruktur die Kupferleitungen gestohlen und das Material auf dem Schwarzmarkt verkauft. Nicht nur Stromleitungen, Kabel aus Generatoren und Umspannwerken, sondern auch Telefonkabel von den Telegrafenleitungen, die Leitungen aus der Straßenbeleuchtung oder beispielsweise die Stromleitungen der Lokalbahn in Kapstadt, die dann halt mehrere Wochen nicht mehr fahren kann.
In der lokalen Presse wird die hohe Arbeitslosenquote von offiziell 33% insgesamt und von 63% unter Jugendlichen genannt. Und Südafrika ist kein solcher Wohlfahrtsstaat wie Deutschland, wo jeder durch die Sozialhilfe per se wohlhabend ist. Einer der wichtigsten Faktoren für die sehr hohe Jugendarbeitslosigkeit ist die Altersverteilung in der Bevölkerung. In diesem Zusammenhang muss man sehen, dass das Durchschnittsalter in Südafrika bei nur 26 Jahren bei einer Lebenserwartung von 64 Jahren liegt, bei uns sind es 46 Jahre bei einer Lebenserwartung von 81 Jahren. Mit anderen Worten, bei uns sind Jugendliche eher selten, hier in Südafrika machen Kinder und Jugendliche bis 24 Jahren etwa die Hälfte der Bevölkerung aus, genauer 27 von 60 Millionen.