Samstag, 01.10.2022
Es ist doch kaum zu glauben. Trotz intensiver Vorbereitung und Planung findet das eigentliche Packen wieder bis zur letzten Minute statt. Eigentlich wollten wir um 10 Uhr losfahren, aber um 11:30 Uhr sind immer noch einige Kleinigkeiten nicht verstaut und einige zu erledigen. Aber dann kurz vor 12 Uhr geht es endlich wirklich los. Allerdings mit sehr ungewissem Ziel.
Schon seit einigen Tagen ist der Iran in unseren Nachrichten vertreten, und wir haben wirklich alle verfügbaren Kontakte bemüht, um die sich ständig ändernde Situation in unserer Einschätzung so gut wie möglich zu berücksichtigen. Konzentrierten sich die Proteste und Unruhen ursprünglich auf die großen Städte, so stand unserer Reise durch die geschickte Umgehung der zentrale Plätze des Protests nichts im Wege. Aber die Unruhen weiteten sich aus, und nun musste das Regime reagieren. Wir adaptierten unseren Plan und wollten erst mal wie geplant an die türkisch-iranische Grenze fahren, um dann dort final zu entscheiden.
Die iranischen Behörden reagieren immer mehr, und dabei spielen Ausländer nun in einem Aspekt ebenfalls eine Rolle. Sie können dank der modernen Technik die Informationssperren des Systems unterlaufen. Und damit geraten nun auch Touristen in den Fokus der Geheimdienste und Sicherheitskräfte. Wahrscheinlich hätten wir unsere Reise ohne all die elektronischen Hilfsmittel wie GPS, Laptop und Handy, antreten können. Aber auf solche Helfer wären wir angewiesen gewesen - und wenn es nur um das Nachfüllen der iranischen Kreditkarte, das Zurechtfinden in der endlosen Weite der Wüste oder die Suche nach den Kontaktdaten der nächsten Unterkunft ging. Als uns gestern ein ernstzunehmender Insider-Tipp aus dem Auswärtigen Amt eindringlich vor der Fahrt in den Iran warnte, haben wir auch unseren Zwischenplan verworfen und werden uns unterwegs eine neue Reiseroute in Griechenland und eventuell der Türkei zusammenbasteln. Ob und wie schnell sich die Situation im Iran wieder stabilisiert, bleibt abzuwarten. Schade, da haben wir wohl alle Chancen auf einen Besuch des Irans verpasst. Hoffentlich ist jetzt nicht die überhaupt letzte Chance für eine Persienreise vergeben, wie für so manch anderen Staat der mehr und mehr überbevölkerten muslimischen Welt.
Angesichts dieser Aussichten besorgen wir uns in Kufstein noch schnell einen Reiseführer für Griechenland. Und dann ab nach Süden. Es scheint so, dass wir uns für unsere Abfahrten immer recht problematische Termine aussuchen, denn die Brenner-Autobahn ist heute recht vom Stau geplagt. Es geht zäh voran. Immer wieder Baustellen und dann eine geräumte Unfallstelle, die zu einem weiteren kilometerlangen Stau führt. Auch auf italienischer Seite dauert es eine ganze Zeit bis der zähflüssige Verkehr sich wieder auflöst. Jedenfalls bis Malcesine am Gardasee bleiben die deutschen Autokennzeichnen in der absoluten Übermacht.
Die winzigen und steilen Gässchen zu unserer Unterkunft in Malcesine sind für Rony eine richtige Herausforderung. Zumal mit Dachzelt und Dachgepäck auch die Höhe für zusätzliche Kontaktmöglichkeiten sorgt. Auch die Parkplatzsuche gestaltet sich etwas langwieriger, weil Rony doch eine etwas größere Rangierfläche braucht als die vielen kleinen Kompaktwagen.
Vom Hotel haben wir einen schönen Blick hinunter zum Gardasee. Dorthin begeben wir uns zu Fuß auch für das Abendessen. Die Sonne geht schneller unter als bei uns, und auch die Dämmerung ist deutlich kürzer. Dafür sind die Temperaturen am Abend noch recht angenehm fürs draußen sitzen.
Sonntag, 02.10.2022
Nach dem Frühstück begeben wir uns noch einmal kurz runter zum See. Die Sonne bestrahlt zunächst nur das gegenüberliegende Ufer. Erst im Laufe der folgenden halben Stunde bekommt auch das diesseitige Ufer seine Sonnenstrahlen ab. Obwohl heute Sonntag ist, fahren wir kurz zum Einkaufen und Volltanken. Dann machen wir uns auf in Richtung Ancona, zur Fähre für die Übersetzung nach Griechenland. Die Fahrt geht dank gut ausgebauter italienischer Autobahnen schnell. Bei Ankunft im Hafen von Ancona werden wir gleich von einer großen Anzahl an Offroad-Fahrzeugen, alle mit deutschem Kennzeichen, begrüßt. Bei der beachtlichen Versammlung handelt es sich um eine lose Reisegruppe, die möglichst über Wege abseits der üblichen Routen von Griechenland über Albanien und Kroatien wieder nach Deutschland reisen möchte.
Die Formalitäten für die Fähre sind schnell erledigt und so warten wir am Verladeplatz auf die Ankunft unseres Schiffes. Zum angegebenen Zeitpunkt ist es noch nicht in Sicht. Die Auto- und vor allem Lastwagenschlange am Verladeplatz wird immer größer. Schließlich kommt das große Schiff mit über einer Stunde Verspätung endlich an. Dann beginnt das Entladen. Und das dauert. Lastwagen um Lastwagen rollen vom Schiff. Es dauert lange bis auch das erste Auto vom Schiff rollt. Und immer noch kommen Lastwagen. Doch schließlich beginnt die Mannschaft die wartenden Lastwagen langsam aufs Schiff zu lotsen. Einer nach dem anderen verschwindet im Bauch des Schiffes. Langsam leeren sich einige der vielen Reihen von wartenden Fahrzeugen. Schließlich sind wir dran und fahren über die Ladeluken auf das Schiff und auf die obere Ebene. Dort bekommt Rony einen schönen Parkplatz in angemessener Gesellschaft von drei anderen Offroad-Fahrzeugen.
Nachdem endlich die Schlüssel der Kabinen verteilt sind - es ist bereits kurz nach neun Uhr - begeben wir uns direkt auf unsere Kabine. Sie ist erwartungsgemäß winzig und hat nur ein kleines Bullauge, das auch nicht geöffnet werden kann. Draußen kann man nichts mehr erkennen. Die Kabine hat eine permanent laufende Klimaanlage. Wir legen uns zum Schlafen hin.
Montag, 03.10.2022
Die Fahrt geht planmäßig noch bis 17:30 Uhr. Gegen Mittag gibt es im kleinen Bordrestaurant ein Mittagessen zu kaufen. Qualitativ auf dem Niveau einer Universitätsmensa aus den 1990er Jahren aber eßbar. Danach werden alle Passagiere samt Gepäck gegen 14:30 Uhr aus ihren Kabinen geworfen. Jetzt wird das Gedränge an Bord schon merklich größer. Wir legen relativ pünktlich in Igoumenitsa an. Sobald die Rampe herabgelassen wird, fahren die Lastwagen und Autos zügig vom Schiff. Diesmal scheint das Entladen des Schiffes viel gleichmäßiger und schneller von statten zu gehen.
Hier in Griechenland gilt eine andere Zeit, nämlich die östliche Sommerzeit EEST. Es ist eine Stunde später als daheim. Dennoch scheint bei Ankunft noch die Sonne und so können wir die circa 80 Kilometer nach Ioannina noch bei Helligkeit zurück legen. Die neu gebaute und großzügig angelegte Autobahn wird lediglich von einer handvoll Autos und Lastwagen befahren. Kein Vergleich zum Gedränge auf deutschen Autobahnen. Die Maut kostet für die Strecke erschwingliche 1,20 Euro.
| Vorhergehender Beitrag | Übersicht | Nächster Beitrag |