Montag, 15. Januar 2024
Heute müssen wir sehr früh aufstehen, denn wir möchten einen Teil unserer Strecke von Nord- nach Südvietnam mit dem Flugzeug überbrücken. Der Flug VN0107 von Vietnam Airlines startet um 08:10 Uhr, allerdings nicht in Hội An sondern in der benachbarten Industriestadt Đà Nẵng. Wir starten um 05:45 Uhr noch bei völliger Dunkelheit vom Hotel mit einem privaten Bus zum Flughafen von Đà Nẵng. Der kleine Flughafen mit neun Gates ist modern, übersichtlich und irgendwie gemütlich. Wir geben unsere Koffer auf und ich bekomme beim Check-in noch einen anderen Sitzplatz am Gang. Das Boarding beginnt kurz nach 07:30 Uhr und jetzt wird mir auch klar, weswegen der Sitzplatzwechsel von der Airline so dankend angenommen wurde. Sie brauchten einfach einen Englisch sprechenden Passagier am Notausgang. Wir starten pünktlich und der Flug verläuft unspektakulär.
Bereits um 09:50 Uhr landen wir in Hồ Chí Minh City. Dies ist der offizielle Name der Stadt, wobei selbst viele Vietnamesen sie im täglichen Leben weiterhin Sài Gòn (englisch Saigon) nennen. Der Name Saigon sagt selbst jemandem in meiner Generation noch viel und hat einen entsprechend exotischen Klang. Saigon wurde 1698 gegründet und war bis April 1975 Hauptstadt der Republik Vietnam. Zu jener Zeit besetzte die Nordvietnamesische Volksarmee immer größere Teile Südvietnams und Ende 1975 schließlich dessen Hauptstadt Saigon. Damit endete dieser unsägliche Vietnamkrieg und Saigon wurde offiziell nach dem nordvietnamesischen Staatschef Hồ Chí Minh (1890–1969) benannt. Heute ist Saigon mit gut 9 Millionen Menschen die größte Stadt und das wirtschaftliche Zentrum Vietnams. Mit einer Fläche von gut 2.000 km² ist es im Durchschnitt ähnlich dicht besiedelt wie Berlin oder München. Aber mit über 8 Millionen Motorrollern dürfte Saigon zu den entsprechend am besten ausgestatteten Gegenden der Welt gehören. Außerhalb der Kernstadt fehlt ein zusammenhängendes Stadtgebiet und es überwiegt eine ländliche Siedlungsstruktur, wodurch sie mehr einer dicht besiedelten Provinz ähnelt.
Der Flughafen von Saigon ist eine kleine Enttäuschung. Noch bedient er internationale wie regionale Flüge, ist schon etwas in die Jahr gekommen und gelinde gesagt hoffnungslos überlaufen. Die Verkehrsanbindungen halten den zu bewältigenden Menschen- und Automassen nicht mehr stand. Der neue internationale Flughafen ist bereits seit einiger Zeit in Bau und soll in zwei oder drei Jahren in Betrieb gehen. Solange muss der jetzige noch durchhalten.
Die Abfertigung und die Paßkontrollen nach dem Aussteigen aus dem Flugzeug gehen noch recht flink. Auch unsere Koffer und Taschen erscheinen in einer angemessenen Zeit auf dem Gepäckband. Aber nach Verlassen des Sicherheitsbereichs wird es sehr unübersichtlich und wir müssen uns durch die uns entgegen strömenden Menschenmengen quälen. Es ist schwierig unseren eher kleinen und in der großen Menge eher unscheinbaren Reiseleiter im Auge zu behalten. Aber am Ende erreichen alle mit Gepäck wohlbehalten unseren privaten Bus. Der hat alle Mühe aus dem engen Parkplatzbereich heraus zu rangieren. Der Fahrer musste, ich glaube, sieben Mal zum Rangieren zurücksetzen und brauchte drei freundliche Helfer auf der Straße um das Zentimeterwerk zu bewältigen.
Wir fahren ins Zentrum von Saigon und besuchen des altehrwürdige Postamt, gebaut zwischen 1886 und 1891. Es zeigt Einflüsse aus der Gotik und Renaissance. Auf Plaketten an den Außenmauern sind die Namen von Wissenschaftlern und Ingenieuren verewigt, die wichtige Beiträge zur Kommunikationstechnologie geleistet haben. Darunter Morse, Ampere, Volta, Ohm und Faraday. Das Saigon Central Post Office ist ein berühmtes Postamt in der Innenstadt und so kommen noch heute viele Touristen gezielt hierher, um ihre Postkarten nach Hause mit einem der begehrten Poststempel zu versenden. Und die Postbeamten sind redlich bemüht, schöne Stempelabdrucke zu liefern.
Gegenüber dem Postamt steht die Saigon Notre-Dame-Basilika. Sie ist die katholische Kathedrale der Stadt. Leider ist sie zur Zeit für eine umfangreiche Renovierung fast völlig eingehüllt. Weil derzeit speziell am Eingangsportal gearbeitet wird, ist selbst ein Zutritt in den Innenraum nicht möglich. So bleibt uns nicht viel anderes übrig als wenigstens die wunderschönen Blumenrabatten auf dem Platz vor dem Haupteingang zu bewundern.
Wir fahren weiter zum War Remnants Museum. Ein großer Gebäudekomplex zur Erinnerung an den amerikanischen Vietnamkrieg, die Kriegsverbrechen, die schier unvorstellbaren Leistungen der roten Ameisen aber auch zur Aufarbeitung des unermesslichen Leids, das den Vietnamesen zugefügt wurde. Der Hauptteil des Museums gibt eine chronologische Aufzählung und Abarbeitung der verschiedenen Vorgänge und Abläufe des Krieges wieder. Es stellt einzelne Personen beider Seiten genauer vor und erzählt anhand konkreter Beispiele Details vom Schlachtfeld. Daneben gibt es zwei spezielle Ausstellungen, die sich einmal mit den Taktiken der Vietmin und einmal mit den Auswirkungen und Folgen des Einsatzes von Agent Orange befassen. Außerdem gibt es noch ein spezielles Schülerzentrum, in das höhere Klassen der Sekundarstufe kommen und von eigenen Lehrkräften und Zeitzeugen an das Thema herangeführt werden.
Das Museum ist gut gemacht und in äußerstem Maße erschütternd. Es ist einer dieser Orte, die einem mächtige Schauer über den Rücken jagen. Insbesondere die Ausstellung zu den Folgen der chemischen Kriegsführung durch die Amerikaner hinterläßt blankes Entsetzen in den Gesichtern der Besucher. Wie kann man als zivilisierte Kriegspartei 80 Millionen Liter hochgiftigen und bekannt krebserregenden, erbgutschädigenden und fruchtschädigenden chemischen Sondermüll großflächig auf Menschen und Felder zur Lebensmittelerzeugung schütten (etwa ein Drittel der Landfläche war betroffen) und hinterher abstreiten, daß das ein Kriegsverbrechen ist?
Auch wenn ich als Chemiker viele der schlimmsten Fakten und Fotos aus dem Studium - insbesondere aus den Lehrbüchern der Pharmakologie und Toxikologie - oder aus Büchern von Peter Scholl-Latour kenne, ist die hier gezeigte Dichte, Grausamkeit und Tragik im negativen Sinne überwältigend. Zum einen, weil einige der Bilder hier nicht zugeschnitten sind, weil viele Bilder von Betroffenen zu sehen sind, aber auch, weil Bilder der erschreckenden Auswirkungen auf die Pflanzen, die Landschaft und generell die Natur zu sehen sind. Die Ausstellung fokussiert sich fast ausschließlich auf Effekte, die bis wenige Jahre nach Kriegsende eingetreten waren. Effekte, die noch heute in erschreckendem Umfang registriert werden, werden dagegen kaum beleuchtet. Der Zusammenhang mit dem amerikanischen Giftmüll ist zwar offensichtlich und einleuchtend - insbesondere wenn man die massive Häufung der Fälle betrachtet - aber der Zusammenhang ist aufgrund der großen Zeiträume streng wissenschaftlich nur äußerst schwer zu belegen.
Der heutige Tag hat mich sehr angestrengt und so ist es nicht verwunderlich, daß mein Körper nach einer Auszeit schreit und erst einmal auf erkältet macht. Die zu kalte Klimaanlage im Bus am Wolkenpaß hat er nicht vergessen. Trotz der hohen Temperaturen schalte ich daher die Klimaanlage im Hotelzimmer ab. Zum Glück dauert die fiebrige Erkältung nur wenige Stunden in der Nacht, so daß ich das morgige interessante Programm problemlos mitmachen kann. Und so bekomme ich von dem recht gewöhnungsbedürftigen Hotel in der ersten Nacht wenig mit. Die Mehrzahl der Zimmer hat nämlich gar kein Fenster, weil das Gebäude recht schmal ist und sich auf drei Seiten die Außenwand mit den Nachbargebäuden teilt.
Dienstag, 16. Januar 2024
Heute steht mit einer etwa zweistündigen Busfahrt Richtung Süden ein Ausflug zum gewaltigen Mekong-Delta auf dem Plan.
Der Mekong entspringt in einer Höhe von etwa 5.375 Metern am Fuße eines kleinen Gletschers in der Nähe der Bergspitze eines unbekannten, westlichen Nachbarberges des Jifu Shān (Jifu Berges). Der Jifu Shān liegt auf dem gewaltigen Hochplateau der Provinz Qinghai im Westen der Volksrepublik China und ist Teil der Wasserscheide zwischen Jangtsekiang und Mekong. Auf seinen etwa 4.500 Kilometern Länge, damit steht er auf Platz 11 der Liste der längsten Flüsse der Erde, durchfließt der Mekong China, Myanmar, Thailand, Laos, Kambodscha und Vietnam. Das Einzugsgebiet dieses Flusssystems beträgt 800.000 km². Aus Kambodscha kommend fließt der Mekong nur etwa 120 km durch Vietnam, teilt sich dabei grob betrachtet in die beiden Zwillingsflüsse, den oberen und unteren Mekong, und mündet schließlich in das südchinesische Meer. Die von den Einheimischen unterschiedenen neun Hauptarme des ausgedehnten Mündungsgebiets führen zum vietnamesischen Beinamen "Neun-Drachen-Fluß“.
In der Vergangenheit war das Delta aufgrund der dauernd dort herrschenden Seuchen nur dünn besiedelt. Zunächst gehörte es zum Königreich der Khmer und wurde später von den Vietnamesen Vietnam angegliedert. In Erinnerung an die Geschichte wird daher das Mekong-Delta von den Kambodschanern noch heute "unteres Kambodscha" genannt.
Das Wasser des Mekong wird von großen Mengen an mitgeführten Schwebstoffen gelb-braun gefärbt. Deren Sedimentation verwandelt das flache Deltagebiet ohne festen Untergrund in sehr fruchtbares Schwemmland, das jährlich um etwa 80 Meter Richtung Meer wächst. Das überschwemmte Gebiet variiert saisonal und umschließt eine Fläche zwischen ungefähr 39.000 km² und über 70.000 km². Dieses Schwemmland ist sehr fruchtbar und bildet ab der französischen Kolonialzeit die südliche Reiskammer Vietnams. Während dieser Zeit hatte die Kolonialmacht Frankreich die Anbaufläche für Reis mehr als verzehnfacht. Heute werden in der Gegend jährlich 19.000.000 t Reis produziert, entsprechend dem Jahresbedarf von etwa 125 Millionen Menschen. Bei solchen Zahlen ist es kaum vorstellbar, was passieren würde, wenn eine Ernte aufgrund irgendeiner Pflanzenkrankheit ausfallen würde.
Das Gebiet des Deltas ist heute mit fast 15 Millionen Menschen relativ dicht bevölkert und wird von einem unübersehbaren Netz von Kanälen durchzogen. Der größere Teil des Verkehrs und des Warenumschlags erfolgt auf dem Wasser. Der südlichste Teil des Mekongdeltas besteht überwiegend aus Sümpfen und kann nur auf dem Wasser befahren werden.
An unserem Ausflugsziel befinden sich die "Vier heiligen Inseln" im Delta, die nach den vier Fabelwesen bezeichnet sind: Schildkröte, Drache, Einhorn und Phönix. Mit einem kleinen Schiff unternehmen wir eine Bootsfahrt auf dem gewaltigen Flussdelta um für eine Erkundung auf die Einhorn-Insel zu gelangen. Überall schwimmen einzelne Pflanzenteile und kleine Inselchen von Wasserpflanzen, meistens Wasserhyazinthen, herum. Auf dem Fluss sind vorwiegend drei Typen von Schiffen und Booten unterwegs. Die typischen, langen und schmalen Rennboote mit ihren überdimensionierten, getunten und lauten Motoren. Mittelgroße Ausflugsschiffe mit zwei Deckebenen. Und schließlich große, meist zu Reihen von drei bis fünf Einheiten zusammen geketteten Transportkuttern für die Ladung von Schüttgut. Die einzelnen Kutter liegen je nach Ladung unterschiedlich tief im Wasser, von hoch aus dem Wasser ragend bis nur knapp über die Wasseroberfläche reichend.
Unser erstes Ziel auf der Insel Cù lao Thới Sơn ist ein großes Anwesen mit wunderschönem Garten in dem verschiedenste Früchte angebaut werden und gedeihen. Zur Zeit blühen viele der Sträucher und Blumen. In einem Bereich des Gartens steht ein mit Reet gedeckter Unterstand für Touristen mit vier langen Tischen. Wir bekommen sehr leckeren Yasminblütentee gereicht und dazu Kostproben von frisch geernteten Früchten, neben Bananen auch Papaya, Ananas und Mangos. Am Tisch steht noch ein kleines Schälchen mit leicht mit gemahlenem Chili vermischtem Salz für ein wenig Würze. Die Früchte schmecken super, angenehm süß und erfrischend, und das Salz mit dem Chili verbessert den Geschmack tatsächlich noch erheblich, insbesondere bei Ananas.
Am Nachbartisch spielen einige der Bauern traditionelle Musik auf alten Saiten- und Blasinstrumenten und einer modernen Gitarre. Der Rhythmus klingt gut, aber die Melodie ist manchmal etwas gewöhnungsbedürftig. Und auch in den schwungvolleren Liedern klingt immer etwas Wehmut mit. Die alten Instrumente sehen trotz des an sich einfachen Aufbaus kompliziert zu spielen aus, da es keine Einteilung oder ähnliches gibt. Nach den ersten zwei Stücken darf eine musikalisch begabte Mitreisende selbst an einem der Streichinstrumente mit nur einer Saite probieren. Und es dauert gar nicht lange, und sie bekommt eine einfach Melodie hin.
Nach zwei weiteren Liedern machen wir uns wieder auf. Zunächst spazieren wir noch etwas durch den dicht bewachsenen Garten, klettern dabei auch über einästige Brücken über gefährlich grün aussehende Teiche und Bäche. Nach wenigen hundert Metern erreichen wir unser zweites Ziel: eine Imkerei. Wir lernen, daß die hiesigen Bienen sehr friedliebend und stechunwillig sind. Ein leerer Bienenstock zur Demonstration und sein innerer Aufbau gleichen im Prinzip unseren westlichen Modellen. Eine Imkerin holt einen der vollen Rahmen aus einem "lebenden" Bienenstock. Die Waben sind gut mit Honig gefüllt und mit Wachs verschlossen. Die Bienen hängen in einer riesigen Traube an den Waben. Die Insekten sind wirklich auch ohne Rauch sehr ruhig und fliegen Menschen kaum an. Uns wird noch eine Königin in einer kleinen Glasschachtel gezeigt. Wäre sie außerhalb der Schachtel oder die Schachtel nicht geruchsdicht, wäre sie komplett mit Artgenossen umgeben und wir könnten sie gar nicht sehen. Sie unterscheidet sich vorwiegend durch ihren etwas größeren Wuchs von ihren Arbeiterinnen.
Dann schreiten wir zum Testen des Honigs. Wir bekommen Gläser gereicht und sollen dann etwas Honig mit Blütenpollen mischen und mit Limonensaft auffüllen. Es schmeckt wirklich super, sowohl der reine Honig als auch die Mischung. Natürlich wird uns noch zur Förderung des Verkaufs erzählt, wie gut die Zutaten der Gesundheit tun.
Nach einem kurzen Spaziergang erreichen wir wieder unser Boot und fahren weiter. Wir umrunden die Phönix-Insel und gelangen an das gegenüberliegende Flussufer. Nach einem kurzen Fußmarsch erreichen wir einen kleinen von Gebäuden umgebenen Hof. Hier werden Kokosnüsse verarbeitet, überwiegend in Handarbeit. Nur für die schweren und monotonen Press- und Rührvorgänge gibt es mechanische, in die Jahre gekommene Maschinen. Ihr Vorteil ist, daß man ihre Funktionsweise leicht erkennen und ein gewiefter Mechaniker sie reparieren kann. Nach dem Öffnen der Nüsse wird das weiße Fruchtfleisch ausgepresst und die Masse anschließend mit Zucker leicht erhitzt und ausführlich gerührt. Am Ende wird die abkühlende Masse in Form langer rechteckiger Stangen gepresst. Erst jetzt erkennen wir, daß wir uns in einer Manufaktur für Kokosbonbons befinden. Nach dem vollständigen Aushärten werden die Bonbons konfektioniert und händisch verpackt. Neben dieser auf große Stückzahlen ausgelegten Sorte, gibt es noch speziellere Geschmacksrichtungen und besondere Verpackungen. Es scheint so, als würde das ganze Dorf mithelfen.
Wir verlassen diesen interessanten Ort, an dem überall dieser wunderbar süßliche Geruch in der Luft liegt. Für unsere Weiterfahrt stehen schon drei Tuktuks bereit. In rasanter Fahrt geht es durch eine ländliche Region, durchbrochen von einem Dorf und einigen Häuseransammlungen. Die Straße ist gesäumt von relativ dichten Büschen. Nach etwa einer viertel Stunde erreichen wir ein sehr asiatisches und auf seine Art auch elegantes Anwesen mit wunderschönen Blumen. Dort ist auf einer Terrasse ein großer Tisch für unser Mittagessen vorbereitet. Die Gastgeberin heißt uns willkommen und läßt vegetarische Frühlingsrollen und Omlette reichen. Als Besonderheit hat sie einen großen Elefant-ear-fish zubereitet. Dieser wird vor unseren Augen filetiert und zusammen mit etwas Gemüse und Reis geschickt in hauchdünnen Frühlingsrollenteig gewickelt. Wir nehmen die kleinen Rollen mit Stäbchen, tauchen sie in eine spezielle Soße und verzehren sie. Das Fleisch des Fisches ist extrem zart und schmeckt köstlich. Unser Reiseleiter hat schon gleich Bedenken, der große Fisch könnte für unsere Gruppe nicht reichen. Aber am Ende wurden alle satt und es blieb sogar noch ein klein bißchen übrig.
Nach dem Festmahl spazieren wir noch etwas durch den wunderschönen Garten. Der hintere Teil des Grundstücks wird von einem schmalen Kanal durchzogen. Das Wasser des Kanals ist sehr sedimenthaltig, daher braun und völlig trüb und scheint kaum zu fließen. Ab jetzt liegt ein modrig schlammiger Geruch in der Luft. Das gegenüberliegende Ufer des Kanals ist dicht bewachsen. Auf uns warten kleine schmale nicht motorisierte Boote, jeweils eines für drei Gäste. Mit den insgesamt vier Personen an Bord liegt das Boot sehr tief im Wasser und wir sind entsprechend nahe am Geschehen. Wir starten unsere Fahrt auf einem dieser unzähligen Kanäle durch den Uferdschungel des Mekong Deltas ganz langsam. Das Boot gleitet lautlos auf dem Wasser dahin. Es herrscht absolute Stille. Keine Dschungelgeräusche. Es ist irritierend.
Das Ufer ist beidseitig stark bewachsen und fürchterlich schlammig. Zur Befestigung des Ufers wurden hier Kokospalmen gepflanzt. Die Pflanzendichte auf beiden Seiten des Kanals ist extrem hoch, so daß man kaum einen Meter weit hinein sehen kann. Und auch entlang des gewundenen Kanals können wir nur bis zur nächsten Biegung sehen. Die stehend feuchte Hitze macht uns schwer zu schaffen. Hier und jetzt bekommen wir einen intensiven Eindruck und eine erschreckende Vorstellung davon, wie es für die Soldaten während des Vietnamkrieges gewesen sein muss, als sie sich in voller Montur durch den Schlamm watend durch den Dickicht kämpfen mussten. Wie schnell man doch da in einen Hinterhalt geraten konnte. Und dann beeindruckt mich wieder diese wahnsinnige Stille.
Wirklich erstaunlich, daß es unter diesen Bedingungen so etwas wie eine mückenarme Jahreszeit gibt. Wir haben außer ein paar winzigen Fruchtfliegen keine anderen, insbesondere keine stechenden, Insekten angetroffen. Aber zur hiesigen Trockenzeit müssen die gewaltigen Mosquitoschwärme im Delta die Hölle sein.
Am Ende unserer speziellen Dschungelfahrt sehen wir noch jemanden im Schlamm watend nach kleinen Flusskrebsen jagen. Unsere Boote verlassen kurz darauf den Kanal und rudern zu einem wartenden Ausflugsschiff. Wir steigen um und fahren schließlich zurück zum Ausgangspunkt unserer abwechslungsreichen und sehr interessanten Tagestour. Auf dem Weg zurück in unser Hotel sehe ich die hiesigen Preise von 20.880 ₫ (0,76 €) für einen Liter Diesel und 22.300 ₫ (0,81 €) pro Liter Benzin. In der Stadt hatte es heute 34 Grad bei nur 50% relativer Feuchte.
Hier in Saigon teilt sich unsere Gruppe. Für die Mehrheit endet die Reise morgen. Nur fünf Leute machen auch den Reiseabschnitt in Kambodscha mit. Wir fünf treffen morgen Abend dann schon die Reiseleiterin und die neu hinzukommenden Gäste für die zweite Etappe. Da wir für unseren morgigen Ausflug zu den Höhlensystemen des Vietcongs einen eigenen, spezialisierten Fremdenführer bekommen, ist heute unser letzter Abend mit unserem bisherigen Reiseleiter Duy. Wir zelebrieren unseren Abschied mit einem festlichen Abendessen und dem Überreichen der traditionellen Trinkgeldumschläge. Zum Glück geht mir dieses Mal das Bargeld genau aus. Es ist schon ein eigenartiges Gefühl ein Trinkgeld von 1.700.000 in Bar zu übergeben, auch wenn es nur in vietnamesischen Đồng ist.
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