Über Geparden (Acinonyx jubatus)

Gespeichert von hcm am

Am Sonntag, den 06. Juni 2021 besuche ich die Cango Wildlife Ranch und die Cheetah Preservation Foundation mit "meinen" beiden Geparden Justin und Solo.

Inzwischen hat die Einrichtung die Regeln wegen Corona aber auch den Versicherungen und Behörden deutlich verschärft. Eintritt ist nur mit Maske und Handdesinfektion gestattet und bei der Interaktion mit den Tieren sind mehr Pfleger zur Aufsicht dabei und diese sind etwas zu sensibel. Das ist eine Entwicklung, die mir gar nicht gefällt. Zumal ich seit über 20 Jahren mit Geparden intensiv interagiere und deutlich mehr Erfahrung im Umgang mit diesen Tiere habe, als die meisten der Pfleger. Manchmal würde ich diese risikophoben Beamten und Juristen einfach nur abwatschen.

Mir, als langjährigem Unterstützer der Einrichtung (immerhin 18 Jahre), wird diesmal ein ganz besonderes Privileg zu Teil. Ich darf noch als einziger Außenstehender zu meinen beiden Schützlingen ins gegenüber gelegene Zuchtzentrum. Das wird sonst niemandem mehr erlaubt. Der Cheftiefpfleger nimmt sich wirklich sehr viel Zeit und begleitet mich persönlich zu Justin und Solo. Den beiden geht es sichtlich hervorragend. Auch wenn Justin mit inzwischen 11 Jahren seine Lebenserwartung schon um 3 Jahre übertroffen hat, sieht er sehr gut ernährt aus und bewegt sich auch unauffällig. Auf ihn sind sie hier besonders stolz, weil er der erfolgreichste Botschafter des Zentrums war und geholfen hat, sehr vielen Schulklassen in der Umgebung die Wichtigkeit des Schutzes von Wildtieren näher zu bringen. Beide genießen ihr Sonnenbad und lassen sich wie immer gerne streicheln.

Solo
Solo, mein Geparden-Teenager

Wir unterhalten uns über die aktuellen Forschungsarbeiten, die derzeit hier laufen. Außerordentlich spannende Projekte über die Gesundheit und Lebenserwartung von Geparden. Über Stressfaktoren und über die richtige Pflege und Ernährung. Ein Vergleich zwischen Aufzucht mit Muttermilch und Flasche. Die Einrichtung ist natürlich auch am internationalen Screening des Genpools von Geparden beteiligt. Die Forschungen sind außergewöhnlich, spannend und bringen auch sehr unerwartete Ergebnisse zu Tage. Die ersten entsprechenden Veröffentlichungen in Zusammenarbeit mit der Universität von Kapstadt sollen noch dieses Jahr fertig werden. Übrigens die gesamte Einrichtung und alle Aktivitäten werden nur durch Spenden und Eintrittsgelder finanziert. Da ist keine staatliche oder internationale finanzielle Hilfe im Spiel. Corona hat leider sehr viel Schaden angerichtet, aber sie haben überlebt und sind verdient stolz darauf.

Zum Abschluss meines Besuches besuche ich noch drei Teenager, circa 10 Monate alt, und kann sie ausführlich streicheln.

Warum braucht es eigentlich so eine Einrichtung?
Die Geparden wurden aufgrund ihrer fallenden Anzahl vor kurzem auf der roten Liste der bedrohten Tier- und Pflanzenarten auf den Status "vom Aussterben bedroht" gesetzt. Die Einrichtung versucht seit etwa dreißig Jahren durch Nachzucht - übrigens als eine der ersten und sehr erfolgreich - in internationaler Kooperation die Art als solche zu erhalten. Bisher war der reine Arterhalt sowie die Erforschung der Tiere im Vordergrund gestanden. Die Auswilderung war bisher keine Priorität. Wohin denn auch? Wohin soll man denn Tiere auswildern, deren natürlicher Lebensraum durch Menschen permanent und massiv verkleinert wird. Eine Auswilderung in einen wilden Bestand führt leider nur dazu, dass die Natur relativ schnell den ursprünglichen Gleichgewichtszustand durch intrapopuläre Konkurrenz und Nahrungsknappheit wieder herstellt. Denn aufgrund der allgemeinen Gesetzmäßigkeiten der Natur beherbergen die wenigen verbliebenen Wildgebiete der Erde bereits die unter den gegebenen Bedingungen maximal mögliche Anzahl an Individuen einer Art.

Justin
Justin beim Sonnenbaden

Das größte Problem, der immer kleiner werdenden Population von derzeit noch 7.000 wild lebenden Geparden in Afrika, ist wie schon gesagt wieder mal der Mensch. Aufgrund der massiven Bevölkerungszunahme in Afrika auf inzwischen weit über eine Milliarde Menschen, dringt dieser unaufhörlich in die bisherigen Habitate der Großkatzen ein, bejagt sie und ihre Beutetiere und zerstört deren Lebensgrundlagen. Und noch schlimmer, die Bevölkerungszunahme geht ja unaufhörlich jeden Tag weiter. Besonders schlimm für die Tiere ist, dass es sich inzwischen um kein zusammenhängendes Habitat für die 7.000 Individuen mehr handelt, sondern um immer kleiner werdende Inseln mit jeweils deutlich weniger Tieren. Den Tieren gelingt es selten diese Inselgrenzen durch Korridore zu überwinden und in andere Habitate zu wandern. Und das drängt die Geparden an die biologische Grenze des genetischen Flaschenhalses. Die Anzahl an Tieren im einzelnen Habitat sinkt so stark ab, dass kein gesunder genetischer Pool mehr aufrecht erhalten werden kann. Es kommt zu Inzucht mit ihren entsprechenden gesundheitlichen und langfristig fatalen Folgen für die Art.

Dieses Problem wurde zum Glück relativ früh erkannt und es wurden von mehreren Organisationen große Anstrengungen unternommen, eine genetische Landkarte der wild lebenden Geparden zu erstellen. Dies ist unerlässlich, wenn man den Genpool durch Austausch von Tieren und langfristig auch durch Auswildern erhalten will. Denn eine bittere aber lehrreiche Lektion aus der Vergangenheit was, daß nur genetisch nicht verwandte Tiere in ein Habitat verbracht werden dürfen. Um das im Voraus prüfen zu können, wurden aufwendige Screenings durchgeführt, die zwischenzeitlich sehr weit fortgeschritten sind. So konnten die ersten Experimente zur Auswilderung von Geparden unternommen werden. Auch um zu erforschen, wie der Auswilderungsvorgang ablaufen muss, welchen Einfluß er auf die vorhandenen und die hinzukommenden Tiere hat. Die entsprechenden Daten sehen bisher gut aus. Hoffen wir, dass das so bleibt.

Man muss sich vor Augen halten, dass die Geparden nur eine von vielen Spezies in Afrika und dem Rest der Welt sind. Und alle haben mehr oder weniger ähnliche Probleme mit der stark steigenden Anzahl an Menschen und ihrem Platz- und Resourcenbedarf. Die Überlebenschancen dieser Spezies hängen sehr stark und immer stärker von den Anstrengungen der Menschen zu deren Schutz und Erhalt ab. Auch unter diesem Aspekt musste ich meine eigene bisher eher negative Einstellung gegenüber Zoos und zoologischen Gärten gründlich revidieren und bin inzwischen davon überzeugt, dass sie absolut unerlässlich geworden sind.

Gepard in freier Wildbahn
Gepard im Teenageralter in freier Wildbahn

 

Vorhergehender BeitragÜbersichtNächster Beitrag