Namaqualand

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Samstag, 04. September 2021
Durch Zufall erfahre ich heute morgen beim Frühstück, dass die Wahlen in Sambia von Mitte August entschieden worden sind. Die Opposition hat gewonnen. Und das ist ganz gut so. Der Unmut im Land mit den politischen Führern war schon sehr deutlich. Denn seit die bisherige Regierungspartei an der Macht war, ist nichts in die Infrastruktur des Landes investiert worden. Und die Führungsriege hat sich und ihre Familien durch ziemlich maßlose Korruption ungewöhnlich stark bereichert. Auch diese Wahl war ein Grund, weswegen ich Sambia doch recht frühzeitig verlassen habe, denn in der Zeit direkt vor Wahlen ist die Situation für Reisende in den afrikanischen Ländern meist nicht so angenehm. Es gibt viele politische Kundgebungen und Veranstaltungen mit den entsprechenden, unübersichtlichen Menschenaufläufen, viel Lärm und immer der Möglichkeit von Unruhen. Daher würde ich einen Aufenthalt in Zeiten von Wahlen in afrikanischen Ländern immer versuchen zu vermeiden.

Frühe Abfahrt, damit der heutige Grenzübertritt auch noch im zeitlichen Rahmen der 72-stündigen Gültigkeit des Corona-Tests liegt. Nach einer angenehmen Fahrt auf der Piste C12 und der Asphaltstraße B1 durch eine interessante Farmlandschaft mit schönen Bergformationen, komme ich kurz vor elf Uhr am Grenzübertritt an. Der namibische Teil ist innerhalb von 10 Minuten erledigt. Ein Formular ausfüllen, den Reisepass stempeln lassen und währenddessen der Eintrag in das obligatorische große Buch. Das war's. Dann habe ich mit meiner Fahrzeughöhe eine kleine Rämpelei mit dem Sonnenverdeck des Parkplatzes auf südafrikanischer Seite und reiße dabei fast das gesamt Grenzgebäude nieder. Nein, Scherz beiseite. Es kracht bei dem Versuch zu parken und dann nehme ich eben einen der nicht überdachten Lastwagen-Parkplätze. Keine Schäden am Auto und nur eine kleine Delle im Verdeck. Angesichts der Anzahl an Dellen ist das wohl schon so einigen hier bereits passiert.

Auch auf der südafrikanischen Seite klappt es recht gut. Das Corona-Zertifikat wird akzeptiert, die Körpertemperatur ist auch in Ordnung. Der Zoll und die Polizei sind sehr schnell erledigt. Nur bei der Einreise muss ich etwas nachdrücklicher wegen der Länge des Visums verhandeln. Der Beamtin scheint der lange Aufenthalt eines Weißen als Urlaub suspekt. Aber die Gesetzeslage ist da auf meiner Seite. Und so bekomme ich schließlich doch den Stempel und bin nach nur 50 Minuten durch den Grenzübergang hindurch.

Zunächst ist in der Gegend des Grenzübertritts die Landschaft sehr karg. Mit Ausnahme eines Flusstals. Auf der Fahrt nach Springbok nimmt die Vegetation aber langsam zu. Hin und wieder sind auch schon einzelne Blumen und blühende Büsche zu sehen. 50 km vor Springbok entscheide ich mich in Steinkopf für einen Umweg über die angeblich alternative Richtersfeld Route der R382. Ich zweige also nach Westen, Richtung Ozean ab. Die Richtersfeld Route ist aber kein Weg nach Springbok sondern nur eine kleine Schleifenstraße außerhalb von Steinkopf. Ich fahre allerdings nichtsahnend weiter. Die Strecke entpuppt sich als 180 km langer Umweg. Die Strecke geht zunächst über den wunderschönen Anenous Pass Richtung Meer bei Port Nolloth. Dann, 5 km vor dem Ozean, gibt es eine kleine, unbenannte 40 km lange Holperpiste nach Süden bis kurz vor Kleinsee, das ebenfalls am Meer gelegen ist. Dann geht meine Fahrt wieder Richtung Landesinnere zunächst über eine Holperpiste. Zunächst 30 km ganz passabel und dann ein entsetzlich schlechtes 60 km langes Teilstück, das von vielen schweren Lastwagen stark beschädigt wurde. Vorbeifahrt an mehreren gewaltigen Abraumhalden von Minen, deren Zweck ich mal recherchieren muss. Kurz vor dem landschaftlich schönen und geologisch interessanten Spektakle Pass (Felsabsturz) beginnt die Teerstraße R355. Und diese führt gleich von circa 200 m auf gut 750 m über Meeresniveau. Die Vegetation am Meer ist besonders karg. Erst weiter im Landesinneren ist die Vegetation wieder dichter. Am Spektakle Pass blühen überall die Sträucher und Blumen, allerdings bei weitem nicht so dicht wie ich es glaube in Erinnerung zu haben. Aber das kommt dann wohl vor allem noch weiter im Süden.

 

Sonntag, 05. September 2021
Fahrt zum Goegap Nature Reserve in der Nähe von Springbok. Dort erfahre ich, dass erst die Nachmittagsstunden für das Betrachten der Blumen günstig ist, da erst dann alle Blüten geöffnet seien. Das kommt meinem Biorhythmus natürlich absolut entgegen. Ich beschränke mich auf die 13 km lange Tourist Route. Auf dem östlichen Teil der Route ist dann tatsächlich alles voller Blumen. Allerdings darf man sich das nicht so vorstellen, wie die dicht aneinander wachsenden holländischen Blumenfarmen. Denn die Hauptblüte dürfte dieses Jahr bereits vorbei sein. Und die Vegetation ist hier, im wüstenhaften Gelände mit seinen steinigen und sandigen Böden, viel weniger dicht und die einzelnen Blumen, Stauden und Stöcke stehen weiter auseinander. Es ist eben alles recht locker und nicht so konzentriert. Aber durch die Perspektive in der Ebene entsteht der faszinierende und wundervolle Eindruck eines durchgehenden und dichten Blumenteppichs. Im Tagesverlauf scheint die Blumenpracht tatsächlich zuzunehmen. Es herrschen vor allem gelbe, orangene und violette Farben vor. Meistens sind einzelne Flächen einfarbig, und an den Übergängen kommt es dann zu Farbmischungen, weil einzelne Pflanzen in die benachbarte Fläche hineinwachsen.

Ich fahre auf der N7 weiter Richtung Süden nach Kamieskroon. Je weiter ich nach Süden komme desto geringer wird komischerweise die Blumendichte. Nur entlang der Straße ist sie konstant hoch. Das könnte möglicherweise ein Hinweis darauf sein, dass die Abgase der viel befahrenen Straße mit ihrem Kohlenstoffdioxid und Wasserdampf vielleicht die Flora positiv beeinflussen. Schließlich ist hier in der Wüste das Wasser und überall auf der Welt das Kohlenstoffdioxid ein Minimumfaktor der Photosynthesegleichung.

 

Montag, 06. September 2021
Ich fahre recht spät vom Campingplatz los. Denn der heutige Plan steht noch nicht fest, weil eine Buchung im Kgalagadi Transfrontier Park noch aussteht und somit nicht klar ist, ob ich den botswanischen Teil des Parks befahren kann. Sollte der botswanische Teil klappen, brauche ich unbedingt am Mittwoch Mittag bei der Einfahrt in den Park einen neuen, negativen PCR-Corona-Test. Eigentlich wollte ich heute auf der N7 weiter nach Süden Richtung Kapstadt fahren, um mir auch dort die Namaqualand-Blüte anzusehen. Ebenfalls auf dem Programm stand eine Wanderung im Namaqua Nationalpark, in dem ich heute Abend übernachten werde. Aber um mir alle Möglichkeiten offen zu halten, und trotz des Aufwandes, des Risikos eines falsch positiven Laborbefundes und der Kosten, fahre ich zurück nach Springbok, um den Test machen zu lassen. Als ich kurz vor Mittag dort ankomme, finde ich relativ schnell das Labor und hoffe schon, dass ich noch vor Mittag drankomme. Aber dann steht da auf einem Zettel in Afrikaans, dass Covid-Tests am Montag nur zwischen 14 und 16 Uhr gemacht werden. Ganz leicht frustriert laufe ich zurück zum Auto und warte dort. Ich stehe ganz in der Nähe einer Polizeistation, so dass die Gefahr eines Übergriffs relativ gering ist.

Kurz vor zwei Uhr laufe ich wieder zum Labor. Schock, schwere Not, eine Menschenmasse vor dem Gebäude. Das Prozedere ist recht kompliziert, aber am Ende klappt alles. Bis auf die Bezahlung. Die geht nur durch eine Banküberweisung. Na toll. So was ist aus Europa heraus nicht so schnell möglich. Ich fahre also zur nächsten Filiale der Empfängerbank und mache am Automaten eine Bareinzahlung. Die Angestellte am Automaten kennt das Prozedere bereits und ist sehr hilfreich. Den abfotographierten Beleg schicke ich dann per eMail an deren Buchhaltung.

Ich gehe noch schnell Proviant einkaufen. Fahrt zurück Richtung Kamieskroon zum Namaqua Nationalpark. Die Asphaltstraße kenne ich ja bereits zur Genüge. Die Piste danach ist ein absoluter Witz, es ist eine reine, harte Wellblechpiste. Aber je näher ich komme, desto dichter werden die Blumen. Hier in der Gegend überwiegend orange. Am Ende sind es richtige orangene Blumenfelder. Das Chalet ist schön in der Landschaft versteckt. Es liegt an einer kleinen Klippe und überblickt das Land. In der Ferne ist es etwas diesig. Das Häuschen ist gut konzipiert und für das Self-catering hervorragend ausgestattet.

Ich habe das halbe Auto ausgeräumt und alles ins Chalet verbracht. Dann wird der Wagen innen vom Staub befreit. Sofern das eben mit den vorhandenen Mitteln geht. Es zieht langsam ein moderater Wind auf, der die ganze Nacht über weht. Er ist beim Saubermachen sogar recht behilflich. Leider komme ich an einige Stellen gar nicht vernünftig hin. Nachdem ich auch die Ladung sauber gemacht habe, wird wieder alles eingeräumt. Obwohl noch immer recht viel Staub im Auto ist, fühle ich mich so schon wieder etwas wohler.

Vom "Wintergarten" des Chalets aus ist der Blick in Richtung der untergehenden Sonne super. Der Sonnenuntergang und die Dämmerung sind wunderschön und farbenprächtig.

 

Dienstag, 07. September 2021
Ich mache eine sehr kurze morgendliche Wanderung im Nationalpark. Sehe aber leider nur wenige Blumen und keine Tiere. Dann fahre ich die 470 km über Springbok nach Upington. Damit befahre ich jetzt die N7 zwischen Springbok und Kamieskroon zum insgesamt vierten Mal. Entlang der N14 Richtung Osten fallen mir etwa 250 km vor Upington mehrere gewaltige Abraumhalden auf. Große Muldenkipper im XXL-Format, einer ihrer Reifen hat etwa die doppelte Höhe von meinem Rony, schütten weiteres Material auf und erhöhen die künstlichen Berge noch immer. Beim Abkippen entstehen mächtige Staubfahnen, die weit über die Landschaft ziehen. In Gamsberg arbeitet eine neue Zink-Mine im Tagebaubetrieb mit direkt angeschlossener Raffinerie. Sie steht auf dem derzeit größten unerschlossenen Zinkvorkommen der Welt.

Eigentlich muss mein treuer Freund vorsorglich in die Werkstatt - Ölwechsel und Bremsenprüfung. Aber das muss leider entfallen, weil die Zeit nicht ausreicht. Das werde ich in Johannesburg nachholen. An einer sehr bekannten Tankstelle in Upington tanke ich voll und besorge noch den nötigen Proviant für die nächsten zwei Wochen (viel Wasser, Biltong, Kekse, Trockenfrüchte).

Als ich in meiner Unterkunft ankomme, arbeitet gerade der Besitzer an seinem Auto und wechselt die Luftfilter. Das tue ich dann auch, weil Ronys Lüftung inzwischen auch nur noch sehr schwach bläst. Ich tausche also den Filter für den Innenraum im Handschuhfach aus. Und tatsächlich, danach funktioniert das Gebläse wieder einwandfrei. Der Besitzer kennt das Problem mit dem vielen Staub und bringt mir daraufhin ein Gebläse zum Ausblasen des Innenraums. Und verdammt, obwohl ich gestern schon so viel sauber gemacht habe, wirbelt der starke Luftstrom Unmassen von zusätzlichem Sand und Staub aus dem Auto heraus. Es ist unglaublich. Am Abend gehe ich im mondänen Red Ox Steakhouse essen.

 

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Comments

Eva Maria

Fr., 24.09.2021 - 20:30

Da hättest du um haaresbreite den Namen deines treuen Wegbegleiters an der südafrikanischen Grenze ergänzen können:

"Rony, der springende convertible Cruiser" ;-)

Besser es bleibt aufgrund der kühlen Temperaturen nachts und den Feuerdurchquerungen beim alten Namen.

In diesem Sinne weiterhin eine sichere und unfallfreie Fahrt