In der Namib-Wüste

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Mittwoch, 25. August 2021
Ich breche früh am Morgen in Okaukuejo auf, um die für heute geplanten 735 km auch bis zum Sonnenuntergang zu schaffen. Noch im Park erreicht die Temperatur 27 °C.  Bevor ich den Etosha Nationalpark durch das Anderson Gate verlasse, mache ich eine letzte Pistenfahrt zum Ombika Wasserloch. Dort sehe ich allerdings leider keine Tiere. Dann geht es auf der asphaltierten C38 nach Outjo. Von dort biegt die Piste M63 Richtung Süden und bringt mich auf die Piste C33 nach Omaruru und Karibib. Die Pisten sind auch mit hoher Geschwindigkeit sehr gut befahrbar. Aber es staubt fürchterlich. Und der Staub dringt durch jede Ritze ins Innere des Autos ein. Hier in Namibia schmeckt der Staub unangenehmerweise sehr bitter, wodurch das auch immer ausgelöst wird.

In Omaruru tanke ich auf und habe das erste Mal auf meiner Reise erhebliche Sprachschwierigkeiten. Denn der Tankwart spricht nur ein unverständliches Afrikaans und ich nur Englisch. In Karibib besorge ich den dringend notwendigen Proviant für die nächsten Tage in der Wüste. Es steht keine Wolke am Himmel, aber die Temperatur ist auf 24 °C abgefallen. Von Karibib geht es dann auf der C32 Richtung  Süden, vorbei am Tsaobis Leopard Nationalpark. Die Strecke ist landschaftlich sehr schön, bringt mich von anfänglichen 1.400 m auf unter 800 m und wieder zurück auf circa 1.200 m über Meereshöhe. Die Strecke ist sicherlich nochmal einen Besuch wert. Dann folgt ein kurzes Stück auf der C28 Richtung Walvis Bay. Auf diesen wenigen Pistenkilometern verändert sich die Landschaft radikal. Von Farmland zu spärlichem Grasland und schließlich zur kargen Wüste. Ein erstaunlich und erschreckend schneller Übergang. Hier weht ein sehr starker Wind, der den Sand und Staub in die Luft wirbelt. Die Temperatur fällt trotz strahlendem Sonnenschein auf 18 °C ab. Das ist wahrscheinlich die vom Wetterdienst angekündigte antarktische Kaltfront.

Dann mache ich einen Schlenker über die D1985, D1982 und D1998 auf die C14 Richtung Maltahöhe. Die gesamte Gegend ist eher wüstenhaft und nur mit sehr spärlicher Grasvegetation bewachsen. Das Gras sieht man eigentlich nur dann recht gut, wenn man entlang des Bodens in die Ebene schaut. Dann erscheint die leicht hügelige Landschaft in einem gelblich, grünlichen Touch. Es gibt viele Querrillen auf der Strecke. In den zugehörigen, langen Senken in der Landschaft stehen grüne Bäume und etwas Gras. Der hiesige Boden und der Sand enthalten sehr viele Quarzteilchen und Quarzsteinchen. Auf der D1998 überfahre ich das erste Mal auf dieser Reise eine Düne aus dem roten Wüstensand der Namib.

Nach 508 km um 15:30 Uhr fahre ich mit knapp 90 km/h auf der Piste D1998. Da kommt eine Bodenwelle mit recht steiler Ausfahrt, die ich mit der Sonne im Rücken zu spät erkenne. Ich fahre hinein, und noch ist alles gut. Aber beim Herausfahren ist die Schanze zu steil, und der Wagen hat zu viel Schwung. Er springt und hebt für eine Strecke von vielleicht drei bis fünf Metern komplett vom Boden ab. Mit allen vier Rädern gleichzeitig. In der Magengrube fühlt es sich genauso an wie beim Start eines Flugzeugs. Es muss ausgesehen haben wie bei einem Turbo Boost von K.I.T.T. in Knight Rider. Aber dann kommt mein Wagen sehr hart wieder auf. Mit den Vorderrädern zuerst. Ich lasse ihn ausrollen und schaue mir nach diesem sensationellen Flug die Stoßdämpfer an. Es sieht alles soweit in Ordnung und unauffällig aus. Damit kann ich jetzt mein Auto auch taufen: "Rony, der fliegende Cruiser". Danke Andreas für die witzige Idee. Zum Flug selbst meinte mein Cousin nur lapidar: "Dafür sind die [Landcruiser] gebaut".

Bei der Weiterfahrt durchquere ich eine tolle Canyon-Landschaft. Dort höre ich beim Überqueren einer einspurigen Brücke ein komisches Schleifgeräusch und prüfe optisch nochmal alle vier Räder. Ich kann aber nichts feststellen. Schon bald darauf durchfahre ich den landschaftlich schönen Goab Pass. Direkt danach um 16:48 Uhr, nach 585 Kilometern, und 160 km vor meinem heutigen Ziel, überschreite ich den berühmten Wendekreis des Steinbocks, den Tropic of Capricorn. Er liegt auf S23° 26' 05". Er ist in den Karten verzeichnet und auf der Strecke sogar ausgeschildert.

Um kurz nach fünf Uhr erreiche ich nach 605 km, etwa 30 km vor dem Städtchen Solitair, auf der Piste C14 eine Unfallstelle. Es ist ein schwerer Verkehrsunfall. Ein Auto aus Swakopmund ist von der Piste abgekommen und hat sich in der Nähe eines Baumes mehrmals überschlagen. Das Gepäck ist über eine große Fläche verteilt. Die Dachaufbauten sind vom Wagen abgerissen worden und liegen in der Landschaft verteilt. Das Auto steht auf dem Kopf. Ein Mann sitzt neben dem Auto auf dem Boden. Ich halte sofort an, um zu fragen, ob ich helfen kann. Eine Frau kommt auf mich zu und erzählt Details vom Unfall. Sie sei aus der Gegend und mit dem verunfallten Ehepaar befreundet. Sie hat die Behörden bereits informiert. Ich frage, ob erste Hilfe notwendig ist. Nein, die Ehefrau sei bereits ihren Verletzungen erlegen. Ich frage nochmals, ob ich irgendeine Hilfe leisten kann. Sie bedankt sich und verneint und wünscht mir eine sichere Weiterfahrt. Obwohl der Drang zur Dokumentation von interessanten Ereignissen groß ist, habe ich selbstverständlich keine Photos gemacht.

Die letzten 50 km über die D855 und D850 hinein in den Naukluft Mountain Zebra Nationalpark zu meiner Unterkunft sind wieder mal miserabel. Die Piste ist eindeutig durch den letzten Regen sichtbar und stark beschädigt worden. Die Sonne ist wegen der bergigen Umgebung bereits um 18:40 Uhr untergegangen. Ich komme spät an, beim letzten Licht der Abenddämmerung. Aus der Unterkunft kommt mir jemand erleichtert entgegengelaufen. Man habe sich Sorgen gemacht, denn Fahrten bei Dunkelheit sind in der bergigen Gegend extrem gefährlich.

Es ist sehr windig und eher kühl. Es gibt hier Skorpione, die Abends vor allem bei windigem Wetter auftauchen. Leider bekomme ich aber keinen zu Gesicht. Der heutige Tag war sehr anstrengend. Insgesamt war ich 748 km und 11:15 Stunden hinter dem Steuer. Zum Abendessen gibt es ein sehr leckeres Zebrasteak mit süßen Kartoffeln und Gemüsebeilage.

 

Donnerstag, 26. August 2021
Schon den ganzen Tag über weht ein starker Wind. Er hält die Temperatur sehr niedrig, etwas unter 20 °C. Ich unternehme einen nachmittäglichen Spaziergang durch die umliegenden Zebra Mountains. Der Weg ist schön markiert. Zwei Oryx-Antilopen laufen vor mir davon. Einige Vögel haben da deutlich weniger Scheu. Ich sehe die verschiedenen Pflanzenarten, die in dieser Trockenheit überleben können. Die Vegetation ist sehr spärlich. Sie besteht überwiegend aus verschiedenen Grasarten, vier verschiedenen niedrigen Buscharten und einigen höheren Büschen. Und hin und wieder einem Köcherbaum. Wobei ich hier drei unterschiedliche Arten von Köcherbäumen ausmachen kann.

Die Pächter der Unterkunft erzählen vom letzten Regen am 13. Januar 2021. Zunächst hätten sie einige Wolken gesehen. Eine davon sei tiefschwarz gewesen und wäre in ihre Richtung gekommen. Dann seien innerhalb von einer halben Stunde 115 mm Regen auf die Farm gefallen. Der Begriff "fallen" würde der Situation allerdings nicht annähernd gerecht werden. Man sah nur noch eine Wasserwand. Die Sichtweite betrug keine 10 Meter mehr. Und noch während des Regens sei Wasser die umgebenden Abhänge hinunter geschossen und habe sich im Zebrafluss vor der Unterkunft gesammelt. Dabei spülte das Wasser viel Sand und Steine von den umliegenden Hügeln. Der Sandstein dieser umliegenden Berge wird ausgewaschen und erodiert weiter. Diese Erosion geht mit einer beachtlichen Geschwindigkeit vor sich und behindert neuen Pflanzenbewuchs. Die Schäden vom diesjährigen Regen sind bei meiner Wanderung noch immer deutlich zu erkennen. Solche eher lokal begrenzten Regengüsse finden in regenreichen Jahren innerhalb kurzer Zeit in der ganzen Region statt. Die vielen ausgetrockneten Flüsse und Flüsschen füllen sich dann schnell mit Wasser und reißen alles in ihrem Weg mit sich. Die Pegel der größeren Zusammenflüsse Tsauchab und Kuiseb steigen sehr schnell an. Sie bringen dann Wasser bis tief in die Namib-Wüste - ins Sossusvlei. Dort stand das Wasser im Januar diesen Jahres einen Meter hoch. Noch im Juli waren es dort 10 cm. Inzwischen sei die Pfütze aber deutlich geschrumpft. Solche reichhaltigen Regenzeiten passieren allerdings nur circa alle 10 Jahre, letztmalig 2011.

Die Unterkunft ist nur gering besucht. Und das ist schon seit zwei Jahren so. Anfangs versuchten die Pächter die Mitarbeiter durch Aufbrauchen der eigenen Rücklagen zu halten. Aber danach kam auch noch der Lockdown, und das Geld ging aus. Es blieb nichts anderes übrig, als alle Mitarbeiter bis auf zwei zu kündigen. Daher ist auch nur sehr wenig Personal vor Ort. Jetzt werden die ehemaligen Mitarbeiter nur noch auf Dienstleistungsvertragen rein geholt, wenn größere Gästegruppen angekündigt sind. Eine insgesamt ungute Entwicklung, denn diese Dienstleistungsverträge werden meiner Einschätzung nach auch langfristig bleiben. Und hier in Namibia gibt es nur sehr begrenzte staatliche Hilfen bei Arbeitslosigkeit. Man bedenke, dass ein Arbeitender in Namibia in der Regel zwischen fünf und zwanzig Menschen, meist Familienangehörige, ernährt.


Freitag, 27. August 2021
Heute weht ein relativ starker Wind, und es ist mit 12 °C eher kalt. Am frühen Morgen ist der Himmel noch wolkenlos. Aber dann bilden sich im Laufe von einer Stunde niedrige Wolken und ziehen mit dem Wind über die umliegenden Berge. Die Art der Bewölkung heißt Cold Clouds, weil sie kaltes, aber trockenes Wetter ankündigen. Die Wolken werden bis zum frühen Nachmittag zunehmen und erst am späteren Nachmittag durch die Sonne wieder aufgelockert werden. Und so ist die Landschaft, obwohl die Sonne den ganzen Tag scheint, oft nur in ein gedämmtes Licht gehüllt.

Vor Abfahrt prüfe ich nochmal die Stoßdämpfer, aber alles sieht unauffällig aus. Ich entdecke eine Ursache für die Fahrgeräusche. Der Schmutzabweiser links vorne ist verbogen und schleift in Kurven am Reifen. Ich biege ihn wieder zurecht. Auf der 90 Kilometer langen Fahrt am Mittag nach Sesriem habe ich zunächst das Gefühl, es würde regnen. Denn irgendwie scheint auf der Windschutzscheibe etwas vonstatten zu gehen. Aber die Scheibe wird nicht nass. Dennoch bildet der Staub auf der Scheibe plötzlich kleine ringförmige Strukturen. Nach der Abzweigung auf die D845 fängt es dann tatsächlich an stark zu regnen. Sehr ungewöhnlich in dieser Jahreszeit. Ich muss die Scheibenwischer im Schnellmodus laufen lassen. Und das hier in der Namib-Wüste. Aber der Regenschauer ist nur von kurzer Dauer. Immerhin ist die Windschutzscheibe davon sauber geworden. Ich komme in Sesriem an. Nach der Registrierung erhalte ich mein Permit und bekomme den Campingplatz Nr. 4 zugewiesen. Der Campingplatz ist innerhalb des Nationalparks und ermöglicht den Campern gegenüber den Tagestouristen jeweils eine Stunde früher in den Park einzufahren und eine Stunde länger im Park zu bleiben. Mein Platz befindet sich unter einer schönen, großen Akazie und ist von einem kleinen Mäuerchen umgeben.

Ich fahre die Asphaltstraße und die daran anschließende, berühmte Sandpiste bis zum Sossusvlei. Die geht unproblematisch und erstklassig. Der leicht feuchte Sand ist wohl besonders tragfähig. Es sind insgesamt nur wenige Besucher unterwegs. Es herrscht eine wunderliche Stimmung. Auf dieser Strecke hängen die Wolken sehr tief, und ich fahre noch zweimal durch Regen. Die Sicht ist durch den vom Wind aufgewirbelten Staub zusätzlich eingeschränkt. Erst tief in den Dünen beruhigt sich das Wetter wieder. Dort entscheide ich mich für eine Wanderung zum Deathvlei. Irgendwie kommt mit der Weg inzwischen länger vor als beim letzten Besuch. Das liegt wohl an der zunehmenden Größe der Zwischendüne. Ein Teil des Vleis scheint von dieser Düne bereits abgetrennt worden zu sein, so dass auch der Teil des Deathvleis mit den Bäumen kleiner aussieht.

Ich laufe auf die offene Fläche und bewundere die toten Bäume. Auch an ihnen erkenne ich, dass der Verfall weitergegangen ist. Der Lehmboden zeigt die typischen gerissenen und aufgeplatzten Lehmschollen. Ich laufe weiter bis zu den letzten toten Bäumen. Aber leider erscheint die Sonne immer nur kurz hinter den Wolken hervor. Dann interessiert mich der Übergang vom weißen Lehmboden zum roten Sand der Dünen. Ich begebe mich also zum Rand. Und schließlich umrunde ich einmal das gesamte Vlei. Auf dem Rückweg fallen mir dann interessante Formationen am östlichen Rand der Lehmfläche auf. Diese stammen mit Sicherheit vom letzten Regen und zeigen wunderbare, fraktale Erosionsmuster. Es sind Auswaschungen, bei denen das Wasser den Sand weg spült. Die zurückbleibenden Lehmstrukturen bilden dann Stufen und Abbrüche. Die Abflussrichtung des Wassers ist erkennbar. Aber diese Erosion beschädigt vom Rand her das sonst durchgängige Lehmfeld des Vleis. Am späten Nachmittag scheint wieder überwiegend die Sonne. Es entstehen interessante Aufnahmen mit einigen Wolken.

Den Sonnenuntergang erlebe ich noch in den Dünen. Heute Nacht wird es sehr windig und kalt. Der Sternenhimmel ist wunderschön. Es brennt kaum Licht, und so ist auch die Milchstraße sehr gut zu erkennen. Aber für Fotoexperimente ist es zu windig. Die Objektive knirschen jetzt schon.

 

Samstag, 28. August 2021
Aufgrund des starken, immer wieder wechselnden Windes mit heftigen Böen war die heutige Nacht im Zelt eher unangenehm und sehr unruhig. Es wurde mit 5 °C auch ziemlich kalt. Ich habe nur bis etwa vier Uhr schlafen können. Ich hatte den Wagen zwar möglichst günstig in den Wind gestellt, aber der vom Wind aufgeblähte Regenschutz verursachte richtig viel Lärm. Und schließlich hatte ich auch ziemlich große Schwierigkeiten, das Dachzelt wieder zusammenzulegen.

Leider ist der heutige Ballonflug über die Namib-Wüste aufgrund des unvorhersagbaren Wetters abgesagt worden. Noch vor Sonnenaufgang fahre ich los Richtung Sossusvlei. Den Sonnenaufgang um 07:20 Uhr erlebe ich auf dem Weg in die Dünen. Das erzeugt diese interessante Beleuchtung der Dünen, die am Boden noch dunkel sind aber an ihrer Spitze bereits beleuchtet werden. Ich sehe mehrere Oryx-Antilopen.

Ich fahre bis zum 4 x 4 Parkplatz. Dort hat es nur 2 °C. Es ist erstaunlich grün. Viele Bäume tragen Blätter und zum Teil auch Blüten. Es gibt viele Büsche und Grasbüschel. Ein kleiner Strauch blüht wunderschön lila mit winzigen Blütchen. Eine Pflanze mit harten, eher wachsartigen Blättern blüht weiß. Der Lehmboden ist völlig ausgetrocknet und zeigt die üblichen Risse. Es gibt unterschiedlich große Lehmplatten. Dazwischen immer wieder der rote feine Sand durchsetzt mit grauen gröberen Sandkörnern.

Dann mache ich mich auf den Weg die größte Düne "Big Daddy" zu besteigen und zwar über einen niedrig erscheinenden Queraufstieg in etwa einem Kilometer Entfernung vom Parkplatz. Es ist eine elendig lange Strecke. Der Aufstieg auf die Düne ist äußerst anstrengend und erfordert sehr viele Verschnaufpausen. Ich bin der Erste und muss daher meine eigenen Spuren erarbeiten. Aber es beruhigt mich, dass scheinbar auch die folgenden Dünensteiger Pausen brauchen. Noch ganz am morgen ist es mit nur 8 °C und einem recht starken Wind bitter kalt. Ich laufe die Düne daher im Anorak hinauf. Mir friert beim Aufstieg fast die Hand ab, in der ich die Kamera halte. Und je weiter ich nach oben komme, desto stärker wird der Wind. Heute ist wieder ein wolkenloser Himmel. Zum Glück steigt die Temperatur etwas an, aber nicht zu viel. An der Spitze fegt der Wind über den Dünenkamm und verweht bereits meine Spuren nach kurzer Zeit.

Von dort oben ist der Blick wunderbar. Ich kann in alle Richtungen tief in die Namib hinein sehen. Der Blick ins Tal offenbart das gesamte Deathvlei, und auch das Sossusvlei ist zu sehen. Ich erkenne sogar das bisschen Restwasser, das in der Sonne glitzert. Der Blick ist einfach einmalig. Die Dünen sehen gegen die Sonne betrachtet alle gelb aus, mit der Sonne betrachtet allerdings typisch orange-rot.

Der direkte Abstieg über die gewaltige Flanke der Düne ins Deathvlei macht richtig Spaß und dauert etwa eine Viertelstunde. So gewaltig ist diese Düne. Das ist mir oben gar nicht so wirklich aufgefallen. Kein Wunder, dass ich total geschafft bin. Dann mache ich mich auf den Weg zurück zum Auto durch das Deathvlei. Heute gelingen dank der Sonne noch einige zusätzliche Photos. Dann laufe ich rüber zum Sossusvlei. Auch das Sossusvlei ist eine Lehmfläche und sieht in der Schollenstruktur dem Deathvlei sehr ähnlich. Nur am Ende des Sossusvleis steht noch Wasser. Naja, also es ist Wasser, aber es ist eine stinkende Brühe. Das Wasser ist hellbraun und trüb, etwa die Farbe des trockenen Lehms. Irgendwelche Mikroorganismen bilden hier eine richtige Schleimschicht und scheinen es sich hier gut gehen zu lassen. Der See ist vielleicht 400 x 200 m² groß. Immerhin glitzert er schön in der Sonne, vor allem wenn Windböen über die Wasseroberfläche peitschen. Einige Wasservögel sind vor Ort.

Die Rückfahrt zum Camp durch die Sandpiste macht wieder richtig Spaß. Den heutigen Sonnenuntergang erlebe ich noch in den Dünen. Abends hat der Wind deutlich zugenommen, und es ist unheimlich viel Staub in der Luft. Deswegen erscheint die Sonne tiefrot. Allerdings fehlen heute etwas die kleinen Wolken am Horizont, die ansonsten den Sonnenuntergang und vor allem das Abendrot noch stärker einfärben.

Im Camp kommt der Wind überwiegend aus Süden. Ich stelle das Heck von Rony gegen den Wind. Und dennoch breche ich den Versuch ab, das Dachzelt aufzustellen. Der Sturm ist einfach zu stark, und ich muss auf dieser Reise nichts absichtlich kaputt machen. Der Wind bringt sehr viel Sand mit. Da habe ich etwas Bedenken ob das Schmirgeleffekts.

 

Sonntag, 29. August 2021
Die Nacht war sehr unruhig. Ich habe auf der Rückbank geschlafen. Ausstrecken ging sogar hin und wieder mal. Erstaunlich komfortabel für eine Autorückbank. Gegen 3 Uhr ist die Temperatur so stark abgesunken, dass es dann auch im Auto sehr kalt geworden ist. Aber immerhin hat der Anteil an Sand in der Luft während der Nacht abgenommen.

Am morgen kontrolliere ich alles. Es hat keinen Schaden am Auto gegeben. Denn der Wind hatte etwas gedreht, und der Baum bot so noch mehr Schutz. Es ist mit 8 °C um acht Uhr morgens sehr kalt. Hinter jedem Widerstand, zum Beispiel einem Baumstamm oder dem Mäuerchen, haben sich die Sandkörner aufgebaut, und es wachsen kleine, neue Dünen.

Heute steht die Fahrt über 500 km nach Lüderitz an. Von Sesriem geht es zunächst über die C19 Richtung Maltahöhe, dann über die C14 Schotterpiste und schließlich über die B4 Asphaltstraße nach Lüderitz. Die C14 läuft durch landschaftlich sehr interessante Felsformationen und steigt dabei von 700 m auf 1660 m über Meeresniveau. Diese sehen aus wie zusammengeschüttete riesige Kieselsteine mitten in der Ebene. Etwas später fährt man an langgestreckten Tafelbergen mit beeindruckenden Steilabhängen von vielleicht 200 bis 400 m entlang. Etwa 50 km vor Hermeringshausen fällt mir die Farbe der Steine und Felsen auf. Sie sind violett. Das könnte eine Mischung aus Rost und Braunstein sein und würde zu den hier gefundenen Manganvorkommen passen.

Aber das Fahren im Staub ist unangenehm. Der Wagen reagiert etwas anders als gewohnt. Außerdem dringt der Staub in den Wagen ein und schmeckt immer noch bitter. Durch den Wind und durch Gegenverkehr schwebt sehr viel Staub in der Luft. Und auch trotz Schnorchel zieht der Wagen Staub ein. Der Luftfilter ist nach dieser Fahrt jedenfalls ordentlich beladen.

Auf der B4 schließlich geht die Landschaft wieder von Farmland zur vegetationslosen Wüste über. Und das obwohl ich mich dem Wasser schnell nähere. Dann sehe ich das erste Mal seit langem wieder das Meer. Und nachts sehe ich im fahlen Licht der Außenbeleuchtung der Herberge weiße Flecken auf dem Meer. Das sind Möven.

 

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