Donnerstag, 08. Juli 2021
Nach dem gestrigen Tag ist heute fast nur Ausruhen angesagt. Ein lockerer Spaziergang zu zwei Wasserfällen in der Nähe des Campingplatzes reicht. Beides sind Wasserfälle des Mutinondo und liegen nur 400 m und 1.2 km vom Camp entfernt. Choso Falls und Ndubaluba Falls. Und dann muss ich mich erneut um den Visumantrag für Tansania kümmern.

Aus irgendeinem Instinkt heraus beginne ich mein Auto zu überprüfen. Jetzt im Hellen fällt die enorme Menge Staub auf, die ich auf der gestrigen Route aufgesammelt habe. Alles ist eingestaubt mit diesem roten, feinen Staub. Ich bemerke unterhalb des rechten, vorderen Stoßdämpfers dunkle Flecken und mache den Vergleich mit links. Dort sieht es anders aus. Bei genauerer Betrachtung und Prüfung durch Anfassen, entpuppt sich das als eine kleine Menge Öl.
Nach Inspektion des Motorraums zweifle ich daran, dass es vom Motor oder vom Bremssystem kommt. Es scheint viel eher vom Stoßdämpfer zu stammen. Das ist natürlich in dieser Gegend, angesichts der wirklich schlechten Straßen, gerade keine so tolle Neuigkeit.
Freitag, 09. Juli 2021
Ein wolkenloser Himmel und es geht nur eine leichte Brise. Die Situation am Stoßdämpfer hat sich über Nacht nicht verschlechtert. Angesichts der nur kleinen Menge Öl beschließe ich meine für heute geplante Fahrt Richtung Norden von Mutinondo nach Hot Springs anzutreten. Dabei habe ich einen Umweg mit einem "Zwischenhalt" im 111 km nördlich von meinem Ziel gelegenen Chinsali geplant, um dort einen Covid Test machen zu lassen. Chinsali ist das Corona-Zentrum für die gesamte nördliche Provinz.
Die Fahrt nach Chinsali verläuft ohne Vorkommnisse. Die Straße ist teilweise wieder sehr schlecht. Es gibt wieder viele Kontrollen und zwei Mautstellen. In der größeren Stadt Mpika fällt die wunderschöne chinesische Stadtautobahn auf. Sie beginnt am Ortseingang und endet genau zum Ortsausgang. Der chinesische Beitrag wird in einem großen Schild gewürdigt. Aber auch die Verkehrsschilder unterscheiden sich von denen im Rest von Sambia. Sie entsprechen mehr den Verkehrszeichen in China.
Schließlich erreiche ich die Abzweigungen von der T2, die nach Chinsali führt. Ich fahre die 15 Kilometer Richtung Ortsmitte und suche konzentriert nach den Schildern, die das Chinsali General Hospital ausweisen. Auf dem Weg sehe ich mehrere große, neu errichtete Bürogebäude und denke mir, na endlich mal eine entwickelte Stadt. Die Gebäude beherbergen teils Behörden und teils große landesweite Firmen. Aber die Entwicklung ist örtlich sehr begrenzt und betrifft nur sehr partiell den östlichen Teil der Stadt.
Das General Hospital von Chinsali ist dagegen ein eher ungepflegter, einstöckiger, afrikanischer Bau. Die Fläche vor dem Gebäude, die der Parkplatz sein soll, ist fast leer. Vor dem Eingang sitzt eine Krankenschwester und macht höchstwahrscheinlich Voruntersuchungen. Es ist halb drei und noch liege ich gut in der Zeit. Im Inneren ist der Empfang als Triage Point beschildert. Nur wenige Personen und einige Kinder sind da. Die meisten sitzen gelangweilt herum. Ein Arzt huscht vorbei. Dann kommt ein Security Mitarbeiter und fragt sehr höflich, was ich denn hier suche. Ich entgegne einen PCR-Corona-Test für die Grenze. Ja, Corona-Tests machen sie hier schon, aber nicht die für die Grenze. Das macht das andere Krankenhaus over there. Dieses hier sei das Regional General Hospital für die Einheimischen der ganzen Gegend. Als ich frage, wo genau das andere Krankenhaus denn sei, verweist er mich an die Mitarbeiter der Tankstelle an der Abzweigung von der T2, die würden das wissen.
Etwas verunsichert fahre ich die 15 km zur Abzweigung von der T2, die eine ganz große Nord-Süd-Transversale darstellt. An der Tankstelle weiß tatsächlich jemand Bescheid. Ja, das sei sehr weit von hier in Richtung Süden. Ich frage, ob es ausgeschildert sei. Nein. Es sei aber kurz vor der Militärkontrolle auf der rechten Seite. Ich frage sicherheitshalber einen anderen Angestellten in der Tankstelle, der die Angaben aber bestätigt, allerdings hinzufügt, es seien von hier circa 3 km. Also fahre ich los und suche nach irgendeinem Hinweis auf das neue Krankenhaus. So etwas muss ja auffallen, zumal Baustellen hier lange sichtbar bleiben.
Aber es gehen rechts wie links so viele Sandpisten ab, dass ich wirklich nicht erkennen kann, welche jetzt die Richtige sein sollte. Dann komme ich zu der Militärkontrolle und fragen den Soldaten. Der meint ganz freundlich, das sei 300 m zurück auf der rechten Seite, da wo das große Schild ohne Beschriftung stehe. Und dann seien es circa 2 km von der Hauptstraße weg. Er sperrt die Straße, so dass ich umkehren kann. Ich fahre los und ja, da gibt es ein großes unbeschriebenes Schild und drei Pisten. Also biege ich in die mittlere ein und fahre die 2 km. Und tatsächlich, mitten in der Pampa haben die Chinesen ein nagelneues, sehr modernes und gut ausgestattetes Krankenhaus hingestellt. Wachen, ein großer Parkplatz, zwei Eingänge - Notaufnahme und Haupteingang. Alles sehr geräumig. Die einzelnen Parkplätze sind ganz nach meinem Geschmack sehr großzügig dimensioniert. Ich bin wirklich beeindruckt. Wie ich später erfahre, betrug die Bauzeit nur vier (!) Monate, und die Eröffnung sei letzten November (11.2020) gewesen.
Die Wache am Tor meint, dass Corona-Tests bei der Notaufnahme gemacht werden. Ich gehe guten Mutes zur Anmeldung der Notaufnahme - gekennzeichnet mit Schwesternstation - und frage nach einem Corona-Test für den Grenzübertritt. Nein, das machen sie hier nicht. Und außerdem sei heute eh Freitag und schon 15 Uhr. Ich erzähle von der Auskunft des Regionalen General Hospitals. Dann rufen die drei Schwestern eine Ärztin in zivil herbei. Nein, den PCR-Test machen sie zwar, aber sie können den nicht zertifizieren, weil da vom Ministerium noch irgendwas fehle. Nein, meint eine andere, das sei jetzt endlich gekommen. Da frägt die Ärztin nochmal bei einem Kollegen nach, ebenfalls in zivil. Der meint, sie solle einfach im Labor mal anrufen. Da sich am Telefon niemand meldet, führt sie mich in ein Behandlungszimmer. Wir nehmen die Probe. Ich frage nochmal explizit nach einem PCR-Test. Sie bestätigt. Ich stutze, da das Probengefäß eindeutig als Corona-Schnelltest beschriftet ist.
Nun ja. Die Ärztin füllt einen Laborauftrag aus. Also GMP ist der definitiv nicht und die Eintragungen schon gar nicht. Mein Name ist komplett falsch, die Passnummer steht nirgends. Als ich darauf bestehe, dass sie bitte meine eMail-Adresse mit drauf schreibt - für den Versand des Befundes - stutzt sie, aber schreibt sich die Adresse dann doch auf. Und dann eilen wir los durch das halbe Krankenhaus zum Labor. Die Gebäude sind wirklich sehr schön, sehr großzügig und für Afrika ideal offen. Wir kommen im Labor an - es hat sogar eine Schleuse. Die Labormitarbeiter treffen wir beim Nachhausegehen im Gang. Aber der stellvertretende Laborleiter ist noch da. Der schimpft über die freitägliche Störung. Ja, sie hätten noch 1.000 Proben fertig zu machen und mein Ergebnis bekäme ich frühestens am nächsten Mittwoch. Ich erzähle, dass ich am Sonntag über die Grenze möchte. Nein, das würde nicht gehen. Ich frage, wie denn das bei den ganzen Lastwagenfahrern mit den 72 Stunden funktioniert. Welche Lastwagenfahrer? Na, Sambia bekommt doch alle wichtigen Güter aus Tansania und Südafrika. Die leeren LKWs nach Tansania müssen alle durch die Grenze bei Nakonde, und die Fahrer brauchen den negativen Corona-Test. Nein, sie testen hier nur Proben, die ihnen aus den ganzen umliegenden Dörfern zugeschickt werden.
Ich frage den Laborleiter, was denn nötig wäre, damit ich meine Ergebnisse bis Sonntag bekomme. Nunja, er wolle jetzt nach Hause gehen und am Wochenende arbeitet im Labor niemand. Ich bekomme einen kurzen Blick ins Labor. Die Geräteausstattung ist top. Was aber auffällt, es stehen nirgends Reagenzien herum. Ich erzähle ihm, dass ich auch ein Labor leite. Und da fragt er, ob ich ihn später nach Hause bringen würde. Dann könnte er den Test noch schnell aufsetzen und dann würde das gehen. Ich frage, wie lange das ungefähr dauern wird und stimme zu. Er meint etwa eine dreiviertel Stunde. Wir tauschen unsere Telefonnummern aus und die Ärztin führt mich zurück zum Parkplatz. Sie erzählt, dass das Krankenhaus erst seit Kurzem voll in Betrieb sei. Sie beschreibt mir die einzelnen Stationen des Krankenhauses und wo bereits Patienten untergebracht sind. Die anfängliche Ausstattung mit Geräten sei sehr gut. Mir fallen einige Räume auf, die komplett mit Kartons mit Verbrauchsmaterialien voll gestopft sind. Wohl noch immer von der chinesischen Erstausstattung. Am Eingang angekommen, erwarte ich irgendwie die Frage nach der Bezahlung. Aber nein. Sie verabschiedet sich sehr freundlich und ich wünsche ein schönes Wochenende.
Während ich am Parkplatz warte, kommen unaufhörlich Ärzte, Schwestern und Pfleger vorbei und gehen in den benachbarten Gebäudekomplex der Personalunterkünfte. Übrigens alles Schwarze und kein einziger Chinese. Die Anzahl an Personen erstaunt mich. In keinem deutschen Krankenhaus könnte man sich so einen gewaltigen Personalstamm auch nur annähernd leisten. Nach der verabredeten Stunde kommt der Laborleiter um kurz vor fünf Uhr mit einer großen Kiste und zeigt mir ganz freudig das Laborformular mit dem negativen Ergebnis. Ich stutze etwas. Denn meines Wissens gibt es keine PCR-Technik, die ohne die vier Stunden Inkubationszeit auskommt. Ich bedanke mich trotzdem sehr ausführlich und bitte ihn, auf der Beifahrerseite einzusteigen. Er ist überrascht - erkennt dann aber das europäische Kennzeichen und lächelt. In der Kiste befinden sich Testkits für Corona-Schnelltests, die er zu einem benachbarten Health Point bringen soll. Wir fahren zusammen dorthin. Und er ist dafür sehr dankbar.
Wir unterhalten uns etwas über das Krankenhaus. Es ist nagelneu und von den Chinesen komplett finanziert und ausgestattet worden. Auch die Erstausstattung mit Reagenzien sei toll gewesen. Aber inzwischen sind die ausgegangen und keiner wisse, wie man die nachbestellt. Diese Aufgabe sei nun inzwischen beim Minister auf dem Schreibtisch. Und da liegt es bestimmt seelenruhig bis in alle Ewigkeit.
Als wir an der Einmündung auf die Hauptstraße etwas warten müssen, sehe ich im Augenwinkel, dass der Befund das Formular ist, das die Ärztin vorhin ausgefüllt hat. Ich frage, ob da irgendwo stehe, dass es sich um einen PCR-Test handelt, weil das an der Grenze so wichtig sei. Nein, aber er greift sich das Formular und schreibt es einfach in die Kommentarspalte. Wir fahren die drei Kilometer zum Ortsteil mit der Tankstelle und der Abzweigung zurück. Kurz danach kommt eine Polizeikontrolle. Die werden stutzig, dass ein Schwarzer und ein Weißer zusammen in einem Auto fahren. Wir erklären, dass ich ihn nur nach Hause bringe. Da fragt mich die Polizistin unverhohlen, wie viel US-Dollars ich ihr jetzt geben werde. Ihr Kollege auf der Beifahrerseite interessiert sich intensiv für die Kiste mit den Tests. Wir zeigen ihm die Tests und er lässt ab. Ich erkläre der Polizistin, dass ich aus Europa komme und wir nicht mit Dollar bezahlen. Sie frägt dann nach unserer Währung, hat aber von Euro noch nie was gehört und lässt uns widerwillig fahren. Der Health Punkt ist nur circa 100 m nach der Polizeikontrolle. Der Laborleiter freut sich sehr über den "Lift" und wir verabschieden uns. Ich fahre wieder zur Polizeikontrolle und diesmal wird das Betteln noch unangenehmer. Aber zum Glück kann ich es wieder abwehren.
Zurück beim Militärposten im Süden der Stadt, erkennt mich der Soldat sofort und freut sich ehrlich mit mir, dass ich es gefunden habe und das Testergebnis bekommen habe. Es ist inzwischen 17:35 Uhr und die Sonne ist soeben untergegangen. Nun beginnt die lange Fahrt über 110 km nach Hot Springs auf einer Straße, die alles andere als angenehm zu fahren ist. Es ist bereits stockdunkel, als ich an die Abzweigung von der Hauptroute komme. Noch 31 km Piste. Das GPS kennt zum Glück die Adresse und den Weg dorthin. Die Piste ist großteils besser zu fahren wie die asphaltierte aber von Schlaglöchern geplagte Hauptstraße. Und der Weg zur Lodge ist recht gut beschildert, eine Seltenheit in Sambia. Es geht zweimal durch einen kleinen Fluss. Dann plötzlich nach circa der Hälfte ein verschlossenes Tor. Im Augenwinkel erkenne ich, dass jemand kommt. Er öffnet das Tor und bestätigt, dass dies der richtige Weg ist. Zum Glück nur ein Tor ohne Gebühr und ohne Registrierung.
Ich komme kurz vor acht im Camp an. Mark, der Eigentümer, kommt und wir unterhalten uns noch etwas über das Krankenhaus. Er bestätigt meinen Eindruck, dass die Chinesen da einen tollen Bau hingestellt haben, aber die Afrikaner jetzt vollkommen überfordert sind das ganze am Laufen zu halten, geschweige denn in Stand zu halten. Er prophezeit, dass in spätestens zwei Jahren die Ausstattung verscherbelt ist und das Gebäude bereits zu verfallen droht. Das gleiche gelte für die Straßen und vieles andere auch. Dann bietet er mir an, ich könne heute Nacht eines der Chalets zum Preis des Campingplatzes nutzen, dann müsse ich heute nicht noch das Zelt aufbauen.
Samstag, 10. Juli 2021
Ich bitte George, den Mechaniker des Campingplatzes, mal einen kurzen Blick auf meinen Stoßdämpfer zu werfen. Denn heute sind es schon wesentlich mehr Ölflecken. Er bestätigt als Ursache den Stoßdämpfer und meint es sei entweder ein beschädigter oder ein fehlender Dichtungsring am Stoßdämpfer. Die verbauten Stoßdämpfer gehören zum Besten was es am Markt überhaupt gibt. Und auf dem gesamten Weg über das Escarpment gab es keinen so schlimmen oder schweren Schlag. Die Beschädigung muss viel eher durch das nächtliche und heftige Schlagloch auf der T2 auf dem Weg nach Mutinondo entstanden sein. Ich schreibe meiner Werkstatt in Deutschland und schicke ein Bild vom Schaden mit. Die Antwort ist eindeutig. Der Stoßdämpfer muss mit hoher Wahrscheinlichkeit getauscht werden.
Daraufhin entsteht der Plan, über die Grenze nach Tansania zu fahren und dann im Land, anstatt über die kürzere westliche Route zunächst bis Dodoma, der Hauptstadt, weiterzufahren. Dort wird es eine ausreichend ausgestattete Werkstatt geben, die den Stoßdämpfer richten kann. Um danach von Dodoma aus Richtung Ruanda zu fahren. Von Hot Springs bis Dodoma sind es ohne Umwege 700 km. Wenn ich den rechten Dämpfer schone, indem ich die Belastung auf die linke Seite verlagere, sollte der Stoßdämpfer bis Dodama durchhalten. Auch George hält das für realistisch, weil relativ viel der Strecke Asphalt ist. Nur die 31 km Ausfahrt vom Campingplatz zur T2 Hauptstraße sind Piste. Und der letzte Streckenabschnitt auf der T2 vor der Grenze bei Nakonde sind eine wirkliche Katastrophe. Aber das Risiko sei überschaubar.
Ich fahre um 10:00 Uhr bei 18 °C und leichter Bewölkung los. Die Fahrt führt mich von Hot Springs nach Kings Highway in Kalungu, nur etwa 42 km vor der Grenze nach Tansania bei Nakonde. Es sind sehr viele Lastwagen und um die Dörfer viele Fahrräder unterwegs. Neben der Straße sehe ich recht viele liegen gebliebene Lastwagen. Jenseits von Chinsali hat die Straße kaum Schlaglöcher ist aber am Straßenrand stark ausgefranst. Dadurch ist die Straße sehr schmal geworden. Kaum, dass zwei Autos aneinander vorbeikommen. Bei einem entgegenkommenden Lastwagen muss mindestens einer von der Straße runter. Zum Glück ist in der Mittagszeit das Verkehrsaufkommen eher gering. Viele Kinder spielen auf der warmen Straßen. Meistens stehen sie brav auf, wenn ein Auto vorbeikommt.
Auf dem Weg nach Norden wird an der Straße relativ viel gebaut. Dies führt zu einigen Umleitungen. Und im Unterschied zu deutschen Baustellen, wird hier auch wirklich überall gearbeitet. Die Mehrheit der benutzten Maschinen und Lastwagen kommt von chinesischen Herstellern. Die Umleitungen sind meist tiefrote Sandpisten. Entsprechend rot sehen auch die Pflanzen in unmittelbarer Nähe aus. Ich bin wieder erstaunt. Wenn die Chinesen bauen, dann solide und schnell. Auf jedem der Bauabschnitte sind mehrere Trupps am Arbeiten und jeder ist mit einem anderen Baustadium beschäftigt. Aber auch die noch nicht begonnenen Bauabschnitte sind schon in Bearbeitung, entweder bei der Vermessung oder es wird bereits an der Ausweichstrecke für die Umleitung gewerkelt. Meine Schätzung und die Erzählungen der Leute aus der Region stimmen darin überein, dass die Straße in weniger als drei Monaten fertig gestellt sein wird. So etwas mit afrikanischen Mitarbeitern zu bewerkstelligen, dass schaffen wirklich nur chinesische Ingenieure. Wirklich bewundernswert.
Die letzten 11 km bis zur Unterkunft sind wieder sehr schlechte Strecke. Zum Glück kann ich viel davon neben der Straße fahren. Und so komme ich am späten Nachmittag, aber deutlich vor Sonnenuntergang, am Ziel an. Dort treffe ich ein deutsches Ehepaar mit viel Reiseerfahrung und mit ihren beiden Geländewagen ebenfalls auf dem Weg vom Süden nach Tansania und Ostafrika. Wir tauschen intensiv Informationen über Corona-Regelungen und Testmöglichkeiten aus. Aber auch über die Situation in Kenia und Tansania. Kenia sei ganz gut machbar, auch alleine. Tansania sei schon problematischer, weil es einerseits sehr sehr teuer ist und zum anderen weil gefühlt jeder in Tansania zur Polizei gehört. Es gebe sehr viele Polizeikontrollen und Radarfallen. Und das Betteln der Beamten beziehungsweise das Erfinden von irgendwelchen Gründen für eine beliebige Strafe sei in Tansania wirklich unangenehm. Das stimmt mit diversen Erzählungen von anderen Reisenden überein, die ich in South Luangwa, in Mpika und Hot Springs getroffen habe. Da muss also schon was dran sein.
Zwei zufällig ausgewählte Beispielgeschichten. Einmal wollte eine Polizeikontrolle den Verbandskasten sehen. Als da alles in Ordnung war, fragte der Beamte nach der Iodlösung. Ja, die sei in Tansania vorgeschrieben. Die beiden Reisenden, er Anwalt und sie Ärztin, zeigen das moderne Wunddesinfektionsmittel und erklären, dass das dem heutigen Standard entspricht. Ja, aber nein das sei keine Iodlösung. Aber die Frau ist Ärztin und die weiß was man braucht. Nein, das stimme nicht. Er weiß, was im Gesetzt steht. Das kostet jetzt 100 US-$ Strafe. Nach langen Verhandlungen konnten sie sich auf 20 US-$ raus handeln.
Beim anderen Mal wurde ein Reisender aus einem Fahrzeugconvoy "geblitzt" und angehalten. Ja, hier gelte 40 und er sei 63 km/h gefahren. Der Reisende verneint, er sei mit Tempomat genau 40 km/h gefahren. Nein, das Zuschnellfahren koste 200 US-$ Strafe. Der Reisende protestiert und fragt, wieso der Vordermann mit gleicher Geschwindigkeit nicht angehalten worden ist. Ja, der sei korrekt gefahren. Der Reisende protestiert wieder und will das Messgerät sehen. Der Beamte zeigt eine Art Laserpointer mit der er aus der Hand heraus misst. Der Reisende fragt nach der Kalibrierung. Nein. Der Beamte zeigt beim nächsten vorbeifahrenden Fahrzeug wie die Messung von sich geht. Das Auto fährt 41 km/h. Dann fährt der Wagen aber über einen Bremshügel und da zeigt das Gerät kurz 58 km/h an. Der Polizist besteht also auf der Strafe und schickt sich an, den anderen Wagen ebenfalls aus dem Verkehr zu ziehen. Da interveniert der Reisende. Die Messung sei so nicht akzeptabel. Er erklärt, dass das Auto auseinander fliegen würde, wenn der Wagen mit knapp 60 über den Bremshügel brettern würde (in Tansania haben die Bremshügel eine beachtliche Höhe und sind bei zu hoher Geschwindigkeit für normale Autos durchaus gefährlich). Da wird es dem Beamten irgendwie doch zu bunt und will jetzt nur noch fünfzig Dollar. Am Ende gibt der Reisende dem Polizisten eine Packung mit Süßigkeiten und fährt einfach los.
Ich erfahre im Gespräch mit dem deutschen Ehepaar, dass mir noch eine wichtige Online-Registrierung zum Thema Gesundheit für den Grenzübertritt nach Tansania fehlt. Dabei erhält man dann einen QR-Code, den man beim Grenzübergang unbedingt braucht. Nun gut, die Registrierung muss ich also heute noch, ohne Internetverbindung, erledigen, damit der morgige Grenzübergang ohne Probleme klappt.
Noch etwas später treffen drei junge Südafrikaner ein. Sie kommen gerade aus Ostafrika zurück und haben den Nakonde Grenzübergang von Tansania kommend überquert. Sie sind bereits seit fünf Monaten unterwegs. Sie hätten am Grenzübergang Nakonde, ähnlich wie viele Lastwagenfahrer, überhaupt keinen Corona-Test und auch keine Registrierung gebraucht. Ich frage wegen der gesperrten Provinzgrenzen für Privatautos in Uganda, Kenia und Tansania. Es sei bei ihnen alles kein Problem gewesen. Aber das sei natürlich auch schon wieder einige Monate her.
| Vorhergehender Beitrag | Übersicht | Nächster Beitrag |