Mittwoch, 14. Juli 2021
Nach dem Frühstück mache ich mich auf den Weg. Heute geht es vom Lake Tanganjika bis nach Kasama, einer sehr wichtigen Stadt in der Nordprovinz. Zunächst geht es die asphaltierte M2 zurück nach Mbala. Hier möchte ich dann einen Abstecher nach Norden, über eine Piste, zu den Kalambo Wasserfällen machen. Diese befinden sich ganz nahe an der Grenze zu Tansania. Zeitlich sollte es trotz des Umwegs machbar sein.
Wie jeden Morgen trage ich einen Pullover, bis die Sonne ausreichend Kraft entwickelt hat und die Temperatur aus den nächtlichen Niederungen steigt. Aber heute schwitze ich schon in der Früh und gegen Mittag wird es so richtig schlimm. Ich denke mir noch, zum Glück ist der nächste Corona-Test erst in zwei Wochen. Aber eigentlich hatte ich doch in Gesellschaft immer eine Maske getragen. Da erinnere ich mich, dass ich mich beim Losfahren über die Temperaturanzeige im Auto gewundert habe. Die zeigte am morgen bereits 24 °C. Das konnte nicht stimmen. Die letzten Wochen lag der Wert am Morgen meistens um die 14 °C. Ich dachte schon, der Sensor sei drauf gegangen. Aber die Temperatur klettert im Laufe der Fahrt weiter bis auf 31 °C. Bis mir klar wird, dass das mit der Höhe zu tun hat. Bisher war ich in Sambia überwiegend auf Höhen über 1.000 bis 1.600 m. Erst am See kam ich unter 800 m. Wenn ich heute Nachmittag das Hochland wieder erreiche, sinkt die Temperatur auch wieder auf die üblichen 24 °C am Nachmittag. Die hohe Temperatur fiel gestern am See wegen des Windes nicht so auf.
Ich erreiche relativ bald Mbala, durchfahre einen kleinen Fluss und fahre dann auf die verzeichnete Piste. Im Fluss, mit sichtlich stark verunreinigtem, bläulich milchigem Wasser, waschen Leute ihre Wäsche. Drei Schwarze sind extra mit dem Auto hierher gefahren, um ihre Frauen die Wäsche waschen zu lassen. Die drei Männer schauen zu. Die besagte Piste ist relativ gut, führt durch viele Dörfer und an einem See und einer Menge teilweise bewirtschafteter Flächen vorbei. Aus Rücksicht fahre ich in den Dörfern sehr langsam. Es sind viele Kinder und Tiere auf dem Weg und damit der, vom Auto aufgewirbelte, Staub nicht zu viel wird. Aufgrund der vielen Dörfer geht es nur langsam voran. Nach einem etwas schlechteren Pistenabschnitt halte ich an und begutachte die Dämpfer. Weder die Hubstange noch der Kolben sind irgendwie auffällig warm geworden. Das könnte darauf hindeuten, dass der beschädigte Stoßdämpfer nur bei extremen Auslenkungen etwas Öl verliert. Die letzten drei Kilometer direkt zu den Wasserfällen sind sehr schlecht, relativ steil und steinig. Ich fahre extra langsam, um den Stoßdämpfer möglichst nicht weiter zu beschädigen.
Ich halte kurz nach ein Uhr an der Schranke, und der Wärter kommt aus seinem Privathaus gelaufen. Er läuft vor dem Auto her und führt mich zur Rezeption der Kalambo Falls. Er ist erstaunt und erfreut, weil schon lange kein Besucher mehr gekommen ist. Er spürt, dass ich nicht viel Zeit mitgebracht habe und lässt mich mit dem Auto bis ins Camp fahren, das ganz in der Nähe des ersten Beobachtungspunkts liegt. Er ist sehr nett und erklärt mir, in welcher Reihenfolge der Aussichtspunkte ich den besten Spannungsbogen erhalte. Das Gelände ist recht steil und es gibt sehr viele Treppen zu steigen. Doch konditionsmäßig halte ich mich trotz der hohen Temperaturen ganz gut. Ich habe für solche Ausflüge, zur Sicherheit, immer einen halben Liter Wasser in meiner Phototasche dabei. Diesmal brauche ich den auch dringend.
Hier an den Kalambo Wasserfällen erreiche ich nun den nördlichsten Punkt meiner Afrikaexpedition. Das GPS zeigt 8,596° südlicher Breite an. Der Fluss ist ganzjährig wasserführend, allerdings mit wechselnden Wassermengen und einem Maximum im März und April. Die Kalambo Falls sind sehr hoch. Der Fluss stürzt spektakulär in eine enge aber tiefe Schlucht. Nach ein paar Photos aus der Entfernung, kann ich bis ganz an die Wasserfälle heran laufen. Man könnte bis direkt an die Abbruchkante herangehen. Da große Höhen eher nicht so meins sind, lasse ich es aber dabei bewenden.

Die Rückfahrt nimmt wieder relativ lange Zeit in Anspruch. Aber schließlich komme ich wieder in Mbala an und biege auf die M1 Richtung Kasama. Ich lege einen kurzen Halt bei einem Bankautomaten ein. Die Menschen hier sind sehr freundlich und kontaktfreudig. Hier habe ich keine Bedenken wegen meiner Sicherheit. Aber der Automat ist leer. Die Weiterfahrt verläuft relativ ereignislos. Der Lastwagenverkehr ist deutlich geringer als auf der fast parallel verlaufenden T2 von Nakonde Richtung Mpika. Am Straßenrand immer wieder Verkaufsstellen für Holzkohle, Obst und Gemüse. Recht viele Menschen sind mit dem Fahrrad unterwegs, zum Teil gefährlich voll gepackt, oder laufen auf der Straße entlang. Die meisten winken zurück. Vor allem die Frauen tragen schöne, farbenfrohe Kleider.
In Kasama angekommen, finde ich die Thorn Tree Lodge, die mir sehr empfohlen worden ist, relativ schnell. Leider stellt sich heraus, dass sie heute komplett ausgebucht ist. Ich reserviere für die morgige Nacht ein Zimmer und sie laden mich ein, trotz Corona-Regeln später zum Abendessen in ihr Restaurant zu kommen. Da es bereits dunkel ist, bekomme ich die Empfehlung, in die große Kasama Lodge gleich gegenüber zu gehen. Aber auch diese, von Schwarzen geführte typisch afrikanische Lodge, ist komplett ausgebucht. Die Angestellte zögert, und ich hake nach. Es ist irgendein Kongress in der Stadt. Und naja, ein Zimmer hätten sie ja noch, aber ...
Ich lasse mir das Zimmer zeigen und bin sehr wenig begeistert. Aber ich nehme es trotzdem, denn auf langes Weitersuchen in der Dunkelheit habe ich absolut keine Lust. Zum Abendessen gehe ich wie verabredet in die Lodge gegenüber. Ich bin der einzige Gast. Die anderen Besucher haben sich das Essen aufs Zimmer bringen lassen. Das Filet vom Rind mit Chips und Butternut schmeckt wirklich sehr gut! Nach dem Essen setze ich mich noch zwei Stunden ins Auto und schreibe ein paar eMails und für den Blog. Dann nehme ich den Schlafsack aus dem Auto mit und schlafe sicherheitshalber die Nacht in ihm.
Donnerstag, 15. Juli 2021
Ich stehe für meine Verhältnisse sehr früh auf, checke aus und fahre los. Eigentlich habe ich heute Morgen gar keinen Hunger und hätte das Frühstück auch ausfallen lassen. Aber die tägliche Tablette des Malariamedikamentes schmeckt gräuslich und auf nüchternen Magen wird einem schlecht davon. Daher besteht das Frühstück heute aus ein paar Keksen während der Fahrt. Zuerst auf der M3 und dann der Nebenstrecke D19 Richtung Westen zu den Chilambwe Falls. Ich komme an eine Militärkontrolle in der Nähe und frage den Soldaten prophylaktisch nach dem Weg. Der ist sehr freundlich und irgendwie über das Auto mit dem Steuer auf der falschen Seite amüsiert. Er zeigt mir die Einfahrt zu den Fällen in vielleicht 300 m Entfernung. Ich biege in die Seitenstraße ein und komme nur eine kurze Strecke voran bis zu einer Schranke. Da kommen auch schon Kinder angelaufen und möchten Süßigkeiten. Aber da werden sie gleich von einem Erwachsenen zurückgerufen. Der entpuppt sich als Wächter des Parks. Er ist völlig perplex. Ich sei das erste Auto seit Ewigkeiten, das hierher kommt. Er hat sichtlich Probleme den Preis von 15 US-$ (10 pro Person und 5 pro Auto) in Kwacha (Kurs ist 22 Kwacha pro US-$) umzurechnen. Zum Glück hat er ein Handy und tippt eine völlig umständliche Berechnung ein, die im zweiten Anlauf sogar zum richtigen Ergebnis führt. Ich gebe ihm das Geld. Er erklärt mir kurz den Weg und möchte mir die Eintrittskarte beim Herausfahren übergeben. Das finde ich eher nicht so gut - so ganz ohne Quittung. Aber ich beruhige mich damit, dass er den Beleg wahrscheinlich erstmal irgendwo abschreiben muss.
Ich fahre also die zwei Kilometer bis zum Parkplatz. Naja, um der Wahrheit die Ehre zu geben, ich rumple also zwei Kilometer eine enge Fahrspur entlang, die Sträucher kratzen beiderseits an meinem Auto. Dann komme ich an einen von Pflanzen befreiten steinigen Platz, der wohl der Parkplatz sein soll. Ja tatsächlich, da waren wohl mal mit Steinen die einzelnen Parkplätze markiert. Eigentlich ganz nett gemacht, wenn denn die Dinge auch in Stand gehalten wären. Hier gibt es sogar ein Schild für den Beginn des Fußweges. In der Ferne höre ich den Wasserfall bereits. Ich laufe den Trampelpfad entlang und komme an eine einfach Holzbrücke. Auf der anderen Seite ist das Gelände ganz matschig. Aber was soll's. Nun führt der Pfad zwischen einem Maisfeld und einem Zuckerrohrfeld hindurch. Übrigens ist Zuckerrohr hier sehr beliebt. Man sieht viele Menschen an der Straße Zuckerrohrstangen verkaufen. Auch viele Kinder kauen ständig darauf herum. Wobei die Stangen zunächst geschält werden. Dann werden Stücke vom Inneren gekaut um den Zucker herauszulösen. Die harten Fasern werden wieder ausgespuckt. Entsprechend sieht man die Überreste überall auf der Straße oder wie hier an den Feldern.
Neben dem Weg läuft ein Bächlein, das wohl zur Bewässerung gehört. Und am Feldrand blühen zwei wunderschöne Arten von blauen und violetten Blumen. Dann teilt sich der Pfad. Ich nehme zunächst den linken, abwärts führenden Zweig. Er geht nach wenigen Metern ins dichte Unterholz eines echten Regenwaldes. Der Boden ist sumpfig. Wenn ich auftrete, erhebt sich eine Wolke von kleinen Fliegen. Ich klettere über Steine, Felsen, Wurzeln und Äste. Alles ist glitschig und ich muss mich an dicken Ästen festhalten. Das Rauschen des Wassers ist jetzt ganz nahe. Hoffentlich gibt es hier keine Spinnen oder Baumschlangen. Und dann sehe ich eine weitere Brücke bestehend aus einem - zum Glück dicken - Baumstamm. Ich überquere den ganz vorsichtig und nach circa zwanzig Metern erreiche ich den Fluss und kann beim Blick nach rechts den Wasserfall sehen. Ein nicht besonders hoher, aber schöner Wasserfall in dessen Gefolge sich ein dichter Urwald gebildet hat. Es gibt zwei gute Punkte zur Beobachtung. Der andere liegt ganz nahe am Fall und man könnte sich fast darunter stellen. Aber die Felsen sind nass und das Wasser hat eine beachtliche Kraft. Es geht ein konstanter und recht starker Wind vom Wasserfall weg. Leider dringt das Sonnenlicht kaum bis auf den Boden dieses Urwalds vor.

Ich gehe zurück zur Gabelung und nehme nun den anderen Zweig. Der führt seitlich am Wasserfall hinauf zur Oberkante. Dabei ergeben sich - insbesondere durch die Richtung der Sonne - ganz unterschiedliche Blicke auf die insgesamt zwei Stufen des Wasserfalls. Ich klettere bis ganz nach oben und kann dort die Abbruchkante sehen. Von dort oben hat man einen sehr schönen Blick in den tiefer liegenden Teil der Landschaft. Man kann den Lauf des Flusses anhand der dichten und dunkleren Vegetation erahnen. Der Wasserfall selbst liegt in einer Biegung des Flusses, der im Oberlauf eher ruhig ist. Aber seine Ufer sind nicht befestigt und so befinden sich die umstehenden Gräser alle im Wasser. Ich gehe daher dort nicht weiter, sondern wieder zurück.
Es ist bereits Mittag durch als ich wieder am Auto ankomme. Ich bilde mir ein, am Stoßdämpfer wieder etwas mehr Flüssigkeit zu entdecken. Eigentlich wollte ich heute ja drei Wasserfälle besuchen. Der nächste Kabweluma Falls liegt weitere circa 150 km westlich von hier und soll wie eine etwas kleinere Version der Victoriafälle sein, ähnliche Ausmaße haben, aber nicht ganz so tief sein. Ich entschließe mich angesichts der fortgeschrittenen Zeit und der Entdeckung am Stoßdämpfer diesen Besuch zu streichen.
Als ich zurück an die Schranke komme, ist keine Menschenseele zu sehen. Na toll. Ich warte also ein paar Minuten. Dann sehe ich in einiger Entfernung ein Kind über den Weg huschen. Nach fünf Minuten kommt der Mann von vorhin und hat tatsächlich die Quittung geschrieben und übergibt sie mir. Ich bin erleichtert. Ich entschließe mich, ihm für seine Ehrlichkeit ein kleines Trinkgeld zu geben. Zumal Ranger in Sambia einen Tageslohn von nur 50 Kwacha (umgerechnet 2 Euro) erhalten, wenn sie denn überhaupt ausbezahlt werden. Und er ist kein Ranger sondern nur Parkwächter, da dürfte das Gehalt noch niedriger liegen. Er freut sich sichtlich darüber. Ich frage noch, ob der Wasserfall das ganze Jahr über Wasser führt. Da antwortet er: meistens schon, aber nach langen Trockenperioden können sie schon mal für ein paar Monate austrocknen.
Dann geht es zurück Richtung Kasama. Auf halber Strecke liegen die Chishimba Falls. Zunächst fällt mir kurz vor dem Abzweig eine Brücke über einen Fluss auf, die mal wieder einspurig ist. Genau das ist der Fluss Luombe, der nicht weit von hier die Wasserfälle bildet. Ich biege ab und komme nach ganz kurzer Fahrt am Eingangsgebäude an. Dort empfängt mich bereits ein Mitarbeiter der Parkverwaltung und möchte mich herumführen. Den Eintritt könne ich hinterher bezahlen und er selbst verlange nichts. Ich dürfe ihm aber sehr gerne ein Trinkgeld geben. Sein Name ist Peter. Ich willige ein. Er spricht sehr gut Englisch und kennt sich mit den Wasserfällen wirklich sehr gut aus. Im Laufe des Gesprächs kommt heraus, dass er Wildlife Management studiert hat, unter anderem in Lusaka und Kapstadt. Und er fährt jetzt von Park zu Park um die Mitarbeiter entsprechend zu trainieren und anzuweisen.
Die Chishimba Falls bestehen eigentlich aus zwei Wasserfällen und dazwischen liegenden Stromschnellen. Zusammengerechnet überwindet der Fluss hier also eine ganz beachtliche Höhendifferenz von gut 60 Metern. Er führt ganzjährig Wasser. Der erste Wasserfall Kapala ist mit circa 80 m sehr breit und mächtig, allerdings mit 10 m nicht allzu tief. Ihm vorgelagert ist ein Wasserkraftwerk an den Mutumuna Falls, dass im Winkel von 90° angeordnet ist, und so von der unteren Ebene des Kapala Wasserfalls nicht zu sehen ist. Wir stehen unten und relativ nahe an den Fällen und bekommen schon einiges von der Gischt ab. Der Geräuschpegel an dieser Position ist wirklich enorm. Auch hier herrschen wieder starke Abwinde, die durch das fallende Wasser erzeugt werden. Da fragt mich Peter, ob ich ganz dran will. Ich frag ihn, ob das denn überhaupt erlaubt ist. Da sagt er, ER sei der Guide. Mir sehen aber die Steine dorthin zu glitschig aus und außerdem bin ich schon ausreichend nass. Wir gehen den regulären Weg nach oben. Von dort erkennt man das Stauwehr des Wasserkraftwerks.

Dann geht es zunächst zu den Kayela Stromschnellen. Als wir dort ankommen, ist allerdings die Sonne gerade hinter einer großen Wolke verschwunden. Das ist zum Photographieren schlecht. Da gehen wir weiter zum zweiten Wasserfall, den Chishimba Falls. Diesmal ein engerer, aber 30 m tiefer Wasserfall. Peter zeigt mir, wie breit der Fall wird, wenn Hochwasser herrscht. Wir gehen zu verschiedenen Positionen, um den Wasserfall zu bewundern. Dabei geht es auch 250 Treppenstufen hinauf zur Oberkante. Ich komme komplett aus der Puste und muss zweimal stehen bleiben. Aber die Blicke von oben entlohnen für die Mühen. Peter zeigt mir einen Baum, an dem wir gerade eben vorbei die Treppen hoch gestiegen sind. Tatsächlich, der sehr hohe Baum ist genauso hoch, wie wir eben gestiegen sind. Auch der Blick hinunter ins abfließende Tal ist weiträumig und beeindruckend. Unterhalb des Wasserfalls schließen sich noch mehrere kleine Stufen an.
Dann gehen wir zurück zu den Kayela Stromschnellen. Jetzt ist die Sonne auch hier wieder da und es ist echt toll. Ich mache ein paar spezielle Aufnahmen mit der Kamera, nennen wir es mal Wasserspiele. Peter erzählt, dass man hier bei Vollmond einen lunaren Regenbogen, also einen Mondregenbogen, sehen kann. Leider ist der Mond schon seit ein paar Tagen wieder abnehmend. Aber bei meinem nächsten Besuch sollte ich das mit einem Vollmond entsprechend timen. Auch Peter bekommt von mir ein Trinkgeld.
Ich fahre zurück nach Kasama. Dort gibt es eine Tankstelle von LPM die Low Sulphur Diesel hat. Dummerweise geht deren Kreditkartenmaschine derzeit nicht. Ich tanke den Wagen deswegen nur halb voll. Dabei geht mal wieder alles Bargeld fürs Tanken drauf. So etwas ärgert mich. Ich fahre zur Thorn Tree Lodge, nur um dort gesagt zu bekommen, dass sie noch immer voll besetzt sind, weil die gestrigen Besucher sich entschlossen haben, noch eine weitere Nacht zu bleiben. Ich werde ein ganz klein wenig ungehalten und bitte den Mitarbeiter, mir eine andere Lodge zu organisieren. Er hat da einen Tipp und ruft gleich dort an. Im Gracewood Court Guesthouse sind tatsächlich noch Zimmer frei. Sie werden eines für mich freihalten. Der Mitarbeiter entschuldigt sich mehrmals.
Im Hinausgehen treffe ich ein niederländisches Pärchen, das sich auch hier einquartieren möchte. Sie haben auch ein europäisches Kennzeichen. Wir kommen kurz ins Gespräch und tauschen die wichtigsten Strecken- und Covid-Informationen aus. Auch sie bekommen natürlich kein Zimmer hier und entschließen sich am Golfplatz zu campen. Ich fahre in das empfohlene Guesthouse. Das GPS kennt es sogar. Von außen ist es kaum wahrnehmbar. Ich darf im sicheren Innenhof parken. Die einzige Angestellte ist gerade mal 20. Sie ist sehr freundlich und bemüht und zeigt mir das Zimmer. Alles sehr ordentlich und sehr schön hergerichtet. Ich bin wirklich positiv überrascht. Hier kann ich mich wohl fühlen.
Ich sitze noch etwas vor meinem Zimmer auf der Terrasse und schreibe an meinem Blog. Da kommt das niederländische Ehepaar um die Ecke. Nun, das mit dem Golfplatz war nicht so toll. Und sie wollten auch mal wieder eine Nacht in einem richtigen Bett schlafen. Wir verabreden uns zum gemeinsamen Abendessen. Es ist ein traditionelles Gericht. Dabei werden Gemüse und Fleisch in Schichten in einen gusseisernen Topf geschichtet und lange gekocht. Dazu gibt es Pap, also Maisbrei. Es ist wirklich lecker. Und es wird noch ein interessanter Abend. Wir haben uns sehr viel zu erzählen. Viele meiner Beobachtungen kennen sie aus eigener Erfahrung und bestätigen sie aus voller Überzeugung. Jedenfalls wollen sie von hier aus nach Tansania und suchen nach einer Testmöglichkeit.
Freitag, 16. Juli 2021
Ich stehe spät auf und treffe beim Frühstück nochmal das niederländische Paar. Die Auswahl beim Frühstück ist etwas sehr mager. Es gibt nur Toast und eine Marmelade. Aber für mich reicht es. Heute sind plötzlich drei zusätzliche Mitarbeiter vor Ort. Auf Nachfrage wird klar, dass die drei Gäste so viel Einnahmen gebracht haben, dass wieder eine Beschäftigung für drei Tage möglich ist. Ich gehe in der Innenstadt erneut zum Geld abheben. Der Standort der beiden Automaten ist mir auch beim zweiten Mal immer noch nicht sympathischer. Aber der Automat hat noch Geld und es klappt alles. Es fällt auf, wie hoch die Dichte an Jugendlichen ist. Mehr als jede zweite Person ist eindeutig unter 20 Jahren. Das war also nicht nur auf dem Land so. Im Unterschied zum Land ist hier auffallend, dass viele ein Smartphone oder einen MP3-Player haben. Ich fahre trotz des Umwegs durch das unglaubliche Verkehrsgewusel der halben Stadt zu der Tankstelle von gestern. Ich lasse komplett volltanken. Interessanterweise wurde der Preis des Low Sulphur Diesels heute morgen gesenkt auf den Preis des normalen Diesels. Ja, weil ihnen der normale Diesel ausgegangen sei und die Leute sich den teuren eigentlich nicht leisten könnten.
Dann erreicht mich die Nachricht, dass ich für das Wochenende in den Kasanka und Lavushi Manda Nationalparks keinen Platz mehr bekomme. Sie seien wegen einer großen Festgesellschaft komplett ausgebucht. Und wegen Corona-Regeln können sie keine Ausnahme machen, da sei absolut nichts möglich. Das trifft mich schon, weil damit rückwirkend betrachtet die gesamte Bangweulu-Gegend ausfällt. Und es muss ein Ersatzplan her. Es gäbe eine Möglichkeit, am Rand beim Livingstone Denkmal zu übernachten. Aber eine Tour in die Sümpfe fällt leider auf alle Fälle flach.
Ich kontaktiere Lari und sie bestätigt, dass sie für heute Abend noch Platz hat. Die Fahrt von Kasama über die M1 bis nach Mpika verläuft gut. Die Straße ist relativ ordentlich. Aber nach der Einmündung der M1 auf die große T2, beginnt wieder diese Holperpiste, die ich jetzt zu Genüge oft gefahren bin. Ich fahre bis Mutinondo, wo ich am späten Nachmittag ankomme. Hier bekomme ich auch einen Tipp für meine morgige Übernachtung. Der Campingplatz ist noch relativ leer. Gut für mich, dann kann ich die Abendruhe genießen.
An dieser Stelle bereue ich es rückblickend, dass ich das abenteuerliche Muchinga Escarpment nicht einfach nochmal bei Tag besucht habe. Aber das Risiko mit dem Stoßdämpfer ist mir einfach zu hoch. Außerdem kann man eine dreitägige Wanderung zu einem vorgelagerten Felsen direkt am Abgrund machen, an dem man einen phantastischen Blick entlang des ganzen Steilabbruchs hat. Das wäre doch wirklich nochmal was gewesen. Vor allem zum Sonnenuntergang. Aber irgendwie fehlt mir zu diesem Zeitpunkt etwas der Antrieb. Auf jeden Fall steht das auf meiner Wunschliste für die nächste Reise.
Samstag, 17. Juli 2021
Ich fahre um die Mittagszeit von Mutinondo los Richtung Süden. Es ist eine sehr gemütliche Fahrt, denn es sind nur grob 100 km bis Kundalila Falls. Der 30 km lange Weg von der Hauptstraße T2 bis zu den Fällen ist einigermaßen OK. Wie die drei anderen Wasserfälle der letzten Tage, bietet auch dieser hier die Möglichkeit dort zu campen. Die sanitären Einrichtungen sind zwar nur minimal, aber besser als nichts.

Der Hauptteil der Wasserfälle ist im Licht der späten Nachmittagssonne nicht mehr beleuchtet. Nur noch der Oberlauf. Es entstehen trotzdem noch ein paar schöne Bilder. Der Wasserfall ist im oberen Bereich horizontal sehr stark zerteilt, bevor er sich auf etwa halber Höhe zu einem einzigen Wasserfall vereint. Es gibt einen Weg in die Schlucht, um den Wasserfall in seiner ganzen Höhe zu sehen, aber im Tal ist es schon dunkel und so erspare ich mir die Anstrengung. Ich hoffe auf den nächsten Morgen. Die Sonne könnte da genau in die Schlucht hinein scheinen und so den ganzen Wasserfall beleuchten.
Ich bin der einzige Campinggast. Kurz nach vier Uhr geht der Mitarbeiter nach Hause und verlässt das Gelände. Ganz kurz vor Sonnenuntergang kommen noch sehr späte Besucher. Aber nach einer halben Stunde fahren sie schon wieder. Dann bin ich komplett alleine. Es ist stock dunkel. Der Sternenhimmel ohne Mond ist überwältigend schön. Und trotzdem gehe ich relativ früh schlafen. Es wird sehr kalt in dieser Nacht. Zum Glück habe ich eine zweite Decke dabei. Das Thermometer sinkt auf 3 °C ab.
Sonntag, 18. Juli 2021
Am nächsten Morgen ist das Zelt auf der Außenseite komplett nass. Nach dem Frühstück unternehme ich einen morgendlichen Besuch der Kundalila Falls. Der Oberlauf ist wieder sehr schön beleuchtet. Auch in den oberen Teil der Schlucht scheint jetzt die Sonne. Aber der Rest der Schlucht, und die ist wirklich tief, ist weiterhin im Schatten und dunkel. Leider scheint die beste Zeit, den Wasserfall ganz zu sehen, um die Mittagszeit im Sommer zu sein. Da derzeit die Schlucht morgens und abends im Schatten der umliegenden Berge und Wälder liegt. Es entstehen dennoch weitere schöne Bilder.
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