Walbeobachtungen

Gespeichert von hcm am

Samstag, 16. Oktober 2021
Obwohl der Tag heute mit einigen Wolken beginnt und auch Regen vorhergesagt ist, bleibt es am Vormittag trocken, aber windig. Ich fahre zum nahe gelegenen Birds of Eden. Dabei handelt es sich um eine Art Zoo, speziell für Vögel unter einer gewaltigen Vogelvoliere, in der Tausende von Vögeln leben. Die Einrichtung hat ziemlich unter der Pandemie und den sehr geringen Besucherzahlen gelitten. Dennoch werden die Vögel gut versorgt, sind prächtig anzusehen und interessant zu beobachten. Allerdings nur, wenn man sie auch zu Gesicht bekommt. Irgendwie habe ich den Eindruck, ich sehe bei meinem diesmaligen Besuch insgesamt mehr unterschiedliche Vögel. Vielleicht war der lange Aufenthalt im afrikanischen Busch doch ein gutes Training für die Augen respektive die Mustererkennung des Gehirns.

Ganz in der Nähe besuche ich anschließend Monkeyland. Ebenfalls eine Art Zoo, aber ohne einzelne Gehege, sondern ein einziges großes, gesichertes Gelände. Hier werden verschiedene Arten von Affen gehalten. Die verschiedenen Affenarten kommen scheinbar gut miteinander aus. Auf jeden Fall ist das Gelände groß genug, so dass sich die Familien aus dem Weg gehen können. Das Betreten ist vernünftigerweise nur mit einem Ranger möglich. Er erklärt mir die Unterschiede, aber auch die Gemeinsamkeiten der sechs verschiedenen Arten. Insbesondere die Sozialstrukturen haben jeweils erstaunliche Ähnlichkeit zueinander. Streicheln lassen sich die Tiere leider nicht.

Als ich Monkeyland verlasse, nieselt es leider ein wenig. Auch der Wind hat im Laufe des Tages weiter zugenommen. Ich fahre trotzdem an den Keuboomstrand und unternehme trotz des Nieselregens eine kleine Wanderung den Strand entlang und beobachte die vom Wind aufgepeitschten Wellen. Als der Regen aber weiter zunimmt, setze ich mich in Rony und beobachte weiter die Wellen durch die Windschutzscheibe. Langsam wird es dunkel, und ich suche mir im Internet ein Restaurant. Gar nicht so einfach. Bei meinen ersten drei Anrufen erfahre ich, dass die Restaurants geschlossen sind. Aber der vierte Versuch klappt. Ich gehe also im Ristorante Enrico zu einem italienischen Abendessen. Es ist total übervoll und trotz Aushängen zu den Corona-Verhaltensmaßnahmen hält sich absolut niemand daran.

 

Sonntag, 17. Oktober 2021
Schon am Morgen regnet es und hört leider erst am späteren Nachmittag wieder auf. Ich fahre in das Knysna Elefant Sanctury. Dort werden auf einer großen Farm ehemals gefangene Elefanten aus Zoos und Zirkussen gehalten. Die Tiere sind an Menschen gewöhnt, und ich kann mit einer kleinen Besuchergruppe eine Zeit mit einer der Elefantenfamilien über ihre Weidegründe mitlaufen. Aber erst, nachdem wir die Möglichkeit bekommen haben, die Elefanten zu füttern. Sie bekommen Früchte, die wir ihnen entweder zum Greifen in den Rüssel geben können oder wir halten die Früchte in der flachen Hand, und die Dickhäuter greifen zu. Die Tiere sind relativ ruhig und lassen sich geduldig füttern. Beim Greifen sind sie wirklich sehr vorsichtig und behutsam. Eigentlich ist es schon erstaunlich, wie sie trotz ihrer sehr dicken und rauhen Haut so sensibel und vorsichtig sein können. Ich darf den größten Elefanten füttern. Er hat sogar noch seine beiden Stoßzähne. Er lässt sich geduldig am Rüssel, den Ohren und den Beinen berühren.

Dann verlässt die Gruppe den Fütterungsplatz und hat zunächst eine recht hohe Geschwindigkeit drauf, so dass wir uns tatsächlich sputen müssen, um hinterher zukommen. Erst als wir die große Weideebene erreichen, verlangsamen die Tiere und beginnen mit ihren Rüsseln große Grasbüschel auszureißen und sich in den Mund zu schieben. Hin und wieder wird auch ein ganzer Ast mitgenommen. Elefanten vertilgen täglich riesige Mengen an Futter, da ihr Verdauungssystem nicht besonders effektiv dabei ist, Nährstoffe aus der pflanzlichen Nahrung zu extrahieren. Das erkennt man auch gut an ihren Ausscheidungen, die noch sehr viele unverdaute Pflanzenfasern enthalten. Gleiches gilt auch für die vielen Pflanzensamen, die den Verdauungstrakt ebenfalls unbeschadet überstehen - ganz im Sinne der Pflanzen. Hier in Küstennähe ist der große Verbrauch auch kein wirkliches Problem. Die Vegetation ist dicht genug und wächst schnell genug nach, so dass der Verbrauch der Elefanten nicht wesentlich zu Buche schlägt. Anders sieht es da schon in den trockeneren Steppen und Halbwüsten in den nördlicheren Landesteilen aus, in denen der Verbrauch einer zu großen Zahl von Elefanten zu schweren, auch langfristigen Schäden führen kann.

Nach zwei Stunden lassen wir die Herde alleine weiterziehen und schauen ihnen noch aus der Entfernung etwas weiter zu. Anschließend fahre ich in das nahe gelegene Garden Route Wolf Sanctury. Dort gibt es alle denkbaren Bauernhoftiere, die von Kindern besucht und gestreichelt werden können. Vor allem die kleinen Kaninchen sind wirklich extrem süß. Darüber hinaus gibt es aber vor allem eine stattliche Anzahl Wölfe und Wolfshunde. Obwohl sie sich vom Verhalten her irgendwie ähneln, kann man auch ganz klare Unterschiede, vor allem im Temperament und in der Strenge der Hierarchie erkennen. Seit meinem letzten Besuch hat sich das Areal deutlich vergrößert. Die einzelnen Gehege sind größer geworden. Zudem wurden an vielen Stellen sehr interessante Informationstafeln zu verschiedensten Themen rund um Wölfe und Wolfshunde angebracht.

Nachdem die Sonne bald untergehen wird, mache ich mich auf die Suche nach einem Restaurant. Aber aus irgendeinem Grund haben heute alle Lokale in der Stadt geschlossen. Eigentlich ist heute kein Feiertag, deswegen hat es wohl mit irgendeiner Corona-Maßnahme zu tun. Das bedeutet, ich bekomme heute wohl kein Abendessen und muss hungern. Naja, es gibt Schlimmeres.

 

18. Oktober 2021
Heute morgen begrüßt mich die Sonne schon beim Aufstehen. Es ist sehr windig, aber ansonsten ein wunderschöner Tag. Ich mache mich nach einem sehr leckeren und ausführlichen Frühstück auf in die Innenstadt von Plettenberg Bay. Die Mitarbeiter von Ocean Blue Adventures legen gleich mit der Sicherheits- und Corona-Einweisung los. Nach dem Bezahlen geht es dann auf zum Boot. Heute wird das Boot nur circa halb voll. Ein Traktor schiebt das Boot vom Strand ins Wasser. Und auf geht's zu einer zweistündigen Tour zur Beobachtung von Walen, Delfinen und Robben. Ocean Blue Adventures ist eine von nur zwei Organisationen, die hier an der Südküste die offizielle Genehmigung für Walbeobachtungsfahrten bekommen haben. Nach zwei Stunden ist die Ausbeute an Tierbeobachtungen allerdings überschaubar. Wir haben eine große Kolonie von Robben gesehen. Sonst leider nichts. Aber witzig war die Fahrt aufgrund des starken Wellengangs trotzdem. Eine gute Vorbereitung für eine mögliche zukünftige Antarktiskreuzfahrt mit meinem Vater.

Aber das Highlight der Tour ist sowieso immer das Ende. Das Boot richtet sich auf den Strand aus und gibt dann Vollgas und rast auf den näher kommenden Sandstrand zu. Die Bremsung ist weniger schlimm als man annehmen würde, denn der Sand bremst eben doch relativ sanft. Wir verlassen das Boot trockenen Fußes. In Plettenberg Bay gehe ich noch zum Mittagessen, bevor ich mich zur gut 400 km langen Fahrt nach Cape Agulhas, der wirklichen Südspitze des Afrikanischen Kontinents, aufmache.

Die Fahrt führt auf verschiedenen Nebenrouten durch viele kleine Dörfer und vorbei an gewaltigen Getreide- und Rinderfarmen. Es ist momentan Erntezeit, und viele Mähdrescher und Traktoren sind unterwegs. Ich fahre direkt zum Wartzeichen der kleinen Gemeinde Agulhas, dem großen Leuchtturm. Dort beginnt der Cape Agulhas Nationalpark und lädt am Abend ganz besonders zu einem schönen Spaziergang entlang der Küste ein. Es blühen nicht mehr viele verschiedene Blumen, ganz anders als wir es im September 2013 gesehen hatten. Auf meinem Spaziergang im Nationalpark treffe ich natürlich auch auf den deutlich markierten, südlichsten Punkt des Afrikanischen Kontinents und die dort ins Meer reichenden Felsen.

 

Dienstag, 19. Oktober 2021
Die Sonne scheint, und es windet mäßig. Nach einem neuerlichen Update meines Blogs unternehme ich nochmal einen ausführlichen Spaziergang entlang der Klippen von Cape Agulhas. Während gestern Abend die Sonne äußerst vorteilhaft vom Land her schien, blendet sie nun etwas vom Ozean her. Jedenfalls bis sie hoch genug im Zenit steht. Dann folgt eine sehr gemütliche Fahrt nach Gansbaai, zunächst entlang der relativ dicht besiedelten Küste mit ihren vielen Fischereien und von der Regierung illegal angesiedelten, schnell wachsenden Slums und dann wieder quer über Land. Es geht erneut durch viele kleine Dörfer und wieder vorbei an Getreide- und Rinderfarmen.

Das Dorf Gansbaai und der benachbarte Ort De Kelders liegen an der südöstlichen Seite einer langen, aber nicht breiten Bucht und gegenüber von Hermanus. Das kann ich allerdings nur erahnen, denn aufgrund des Windes ist es ziemlich diesig. Erst in der Nacht helfen die vielen Lichter und Straßenlaternen, und ich kann es deutlich erkennen. Kaum angekommen, es ist früher Nachmittag, sehe ich eine große Anzahl an Delfinen und eine Delfinschule in der Bucht. Es sind circa einhundert Tiere, die zum Luftholen immer wieder aus dem Wasser springen müssen. Diesem Schauspiel könnte ich ewig zusehen.

Meine Unterkunft liegt ganz nahe und etwa zehn Meter oberhalb des felsigen Strands. Ich lege heute Nachmittag und morgen einen Ruhetag ein. Am späteren Nachmittag kommen Wale in die Bucht. Mit dem Feldstecher sind sie recht gut zu erkennen. Es handelt sich um fünf oder sechs Tiere. Sie scheinen in der Nacht erneut in die Bucht zu kommen, denn ich höre erneut die Geräusche, die vom Luftholen der Wale stammen könnten.

Zum Abendessen laufe ich zwei Querstraßen zum privaten Guesthouse von Jonathan Engelbrecht. Er veranstaltet hin und wieder private Menüs mit fünf Gängen zum Abendessen, zu denen man nur auf Empfehlung geladen wird. Er hat seinen Speisesaal "Benguela Restaurant" getauft. Die Managerin meiner Unterkunft hat mir eine Einladung verschafft. Touristisch ist auch hier in der Gegend seit zwei Jahren absolut nichts mehr los. Schon gar nicht international. Für Jonathan und die anderen Gäste bin ich ein gern gesehener Gast aus Europa, der darüber hinaus auch noch viel zu erzählen hat. Der Abend wird dank der fünf sehr unterschiedlichen Gäste wirklich interessant und spannend. Zudem bietet das Festmahl bei jedem Gang etwas wirklich Außergewöhnliches. Da die Küche direkt an den Speisesaal anschließt und offen gebaut ist, können wir auch hin und wieder einen Blick riskieren und dem Meister bei der Arbeit zusehen.

 

Mittwoch, 20. Oktober 2021
Erneut ein wunderschöner Tag, die Sonne strahlt vom absolut wolkenlosen Himmel, und es geht nur ein leichter Wind. Ich begebe mich zum Frühstück in die obere Etage des Hauses. Es dauert einen Moment, bis ich realisiere, dass sich zwei Walmütter mit ihren Kälbern in der Meeresbucht sehr nahe am Felsufer befinden. Die beiden Mütter sind vielleicht einhundert Meter auseinander, scheinen sich eher treiben zu lassen und auszuruhen. Während die Kälber mit Unterbrechungen jeweils um ihre Mutter herumspielen. Manchmal drehen sich die Kälber im Wasser um die Längsachse und zeigen dabei ihre Flossen. Hin und wieder springen sie aus dem Wasser und üben mit mächtigen Platschern die Wasserung. Dann, gegen halb zwölf kommt noch ein weiteres Mutter-Kalb-Paar. Zwei der Paare begegnen sich sehr nahe. Insgesamt sind also vom Frühstücksbalkon aus sechs Wale zu beobachten. Erst gegen Mittag sind sie alle wieder ins offene Meer geschwommen.

 

Donnerstag, 21. Oktober 2021
Ich gönne mir erneut ein spätes Frühstück, bevor ich mich in den nahe gelegenen Nationalpark Cape Nature Walker Bay aufmache. Die Rangerin ist ganz entzückt über eine internationale Wildcard. Die hätte sie schon sehr lange nicht mehr gesehen. Sie freut sich, obwohl ich mir dadurch den Eintritt erspare. Aber sie erzählt, wie leer und einsam es in den letzten Monaten hier war. Die imposanten Klipgat Caves innerhalb des Parks sind leider wegen Renovierungsarbeiten an den hölzernen Zugangsstegen geschlossen. Schade, aber dadurch gibt es einen guten Grund nochmal hierher zu kommen. Ich kann die Höhleneingänge von einer nahe gelegenen Klippe aus gut betrachten.

Ich unternehme eine ausführliche Wanderung in den Dünen und setze mich dann auf eine der Klippen mit Blick in Richtung Strand. Es ist ein fantastischer Ausblick über den weitgehend unberührten Küstenabschnitt des Nationalparks. Auch dem wechselhaften Schauspiel der Wellen könnte ich wieder ewig zuschauen. Bei der Wucht der Eindrücke verfalle ich mal wieder ins Nachdenken über meine Zukunft.

Am frühen Nachmittag mache ich mich dann auf in Richtung meiner absoluten Lieblingsstadt Kapstadt. Ich nehme mit Absicht die langsame Scenic Route, die dicht entlang der Küste über Betty's Bay bis auf die Kaphalbinsel führt. Für diese Route brauche ich zwar mindestens doppelt so lange, aber landschaftlich ist sie wirklich toll. Ich erreiche den Cape Point Nationalpark recht spät. Die Sonne ist auf ihrem Abstieg in Richtung Horizont schon gut vorangekommen. Ich glaube, ich habe den Cape Point noch nie so einsam erlebt. Es sind nur wenige Autos hier. In der Vergangenheit kamen hier im Viertelstundentakt große Reisebusse an und entleerten eine regelrechte Menschentraube. Wie angenehm doch die jetzige Einsamkeit ist. Ich kann sogar ganz in Ruhe meinen Rony vor dem berühmten Schild mit den Standortkoordinaten vom Kap der Guten Hoffnung photographieren. Dann begebe ich mich noch schnellen Fußes auf den Felsen über dem Cape Point und bin über meine körperliche Verfassung positiv überrascht.

Kurz vor Sonnenuntergang muss ich den Nationalpark leider schon wieder verlassen und mache mich auf den Weg in den Norden von Kapstadt zu Frank. Die Fahrt in Kapstadt, obwohl es bereits dunkel wird, läuft einfach. Ich erkenne so vieles hier wieder und kenne die Strecken und Autobahnen gut. Eigentlich brauche ich das GPS-Gerät gar nicht, aber natürlich habe ich es zur Sicherheit immer aktiv, falls es irgendwo zu einer brenzligen Situation kommen sollte. Irgendwie ist das hier wirklich meine Stadt.

Als ich schließlich bei Frank ankomme, ist die Freude beiderseits groß und schon kurz nach der herzlichen Begrüßung ist es mal wieder so, als wären wir Brüder und hätten uns erst gestern gesehen. Zum Ausklang dieses Abends lädt mich Frank in ein tolles Restaurant auf einem Weingut ein. Das Gebäude liegt auf einer Anhöhe, und der tolle Blick in Richtung Innenstadt und Tafelberg ist schon alleine einen Besuch wert.

 

Vorhergehender Beitrag Übersicht Nächster Beitrag