Vịnh Hạ Long – Halong-Bucht

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Dienstag, 09. Januar 2024
Wir reisen heute nur mit kleinem Gepäck und lagern die großen Koffer im Hotel ein. Auch meinen Laptop lasse ich im Tresor des Hotels zurück. Direkt nach einem kurzen europäischen Frühstück starten wir pünktlich um 8 Uhr vom Hotel mit unserem eigenen Reisebus in Richtung Küste im Osten. Es ist relativ stark bewölkt, und wir alle hoffen, daß sich das noch ändert.

Das Hauptverkehrsmittel in HanoiIn Hanoi hat bereits die Hauptverkehrszeit begonnen, und es ist quirlig und lebhaft. Aber nicht mit Autos, sondern mit Myriaden von Mofas, Mopeds und Rollern. Wir stehen stellenweise an Baustellen etwas im Stau. Hauptverursacher des morgendlichen Verkehrs sind die Schulen, einmal die Sekundarschulen, die um 07:30 Uhr, und zum anderen die Primarschulen, die um 08:00 Uhr öffnen. Und in Folge der "Schülerschwemme" sind die vielen kleinen Garküchen und Händler auch schon aktiv. Und natürlich müssen auch die Arbeitnehmer und Eltern zur Arbeit. Neben den Schulen scheinen auch viele Firmen eine Kleiderordnung in Form von einheitlichen Uniformen zu haben. Trotz aller Lebhaftigkeit erkennt man nirgendwo Hektik. Alle bleiben erstaunlich gelassen und ruhig. Und so scheint die am Ufer des Roten Flusses gelegene Stadt insgesamt gut organisiert zu sein.

Der fast 1.150 km lange Rote Fluss bildet ein grenzüberschreitendes Flusssystem und heißt im Süden Chinas Hóng Hé (roter Fluß) und in Vietnam Hồng Hà (rosa Fluß). Der Fluss führte schon immer erhebliche Sedimentmengen mit sich. Die Menge an mitgeschwemmten Sedimenten hat aber in den letzten Jahren aufgrund zunehmender Bodenerosion im Einzugsgebiet durch Entwaldung und intensive Landwirtschaft stark zugenommen. Sie beträgt ungeheure 10.000.000 Tonnen jährlich. Das entspricht 1,5 kg Sediment pro Kubikmeter Wasser. Der hieraus folgende Bodenauftrag, die Veränderungen des Deltas sowie die Schwankung der Wassermenge mit heftigen Überschwemmungen zwangen die Vietnamesen schon seit jeher, das Flusssystem mit Deichen einzudämmen.

 

Wir verlassen Hanoi und fahren auf einer dreispurigen, gut ausgebauten Autobahn die 170 km in Richtung Pazifikküste. Einzig die gelegentlichen Zahlstellen sind nervig. Aber immerhin funktionieren sie für unseren Bus elektronisch, so dass wir nicht anhalten müssen. Leider sind Photostopps auf der Autobahn nicht möglich, und so halten wir auf der etwa vierstündigen Fahrt nur einmal an einer großen Raststätte für das "Happy House" an, eine Toilettenpause. Ansonsten sehen wir interessante landwirtschaftliche Formationen am Fenster vorbei huschen. Leider sind aus einem fahrenden Fahrzeug aufgenommene Bilder meistens unscharf und eher unbrauchbar. Das ist etwas schade.

Gelbe Trompetenblume
Gelbe Trompetenblume

Vietnam war im vorletzten Jahrtausend lange Zeit ein Teil Chinas, zuletzt aber nur noch ein tributpflichtiger Vasallenstaat. Als selbständiger Staat in Form der ersten Monarchie existierte es seit der Staatsgründung um 1010 n. Chr. Vietnam ist schmal und lang und erstreckt sich von der chinesischen Grenze bis zum Süden über 2.000 km und besitzt dabei 3.200 km Küstenlinie zum Pazifik (ohne die Inseln). Im Norden und inlandig ist es bergig und im Süden flach. Derzeit leben fast 99 Millionen Menschen in Vietnam.

Vietnam stellt neben Reis vor allem Kaffee und Gummi her. Kaffee und Gummi wurden um 1860 von den französischen Kolonialherren in der Region eingeführt, um dank des günstigen Klimas und mit den hiesigen, fleißigen Arbeitssklaven die Gewinnmargen zu maximieren. Vietnam lebte bis vor wenigen Jahren fast ausschließlich von der Landwirtschaft. Heute arbeiten noch etwa 40 % der Arbeitskräfte in der Landwirtschaft und tragen dabei nur noch 15 % zum Bruttoinlandsprodukt bei. Mit mehr als 42 Millionen Tonnen ist Vietnam der fünftgrößte Reisproduzent und der zweitgrößte Reisexporteur der Welt. Gleichzeitig ist Vietnam zum viertgrößten Fischproduzenten aufgestiegen, wobei inzwischen die Mehrheit der Fischprodukte aus der Zucht stammen. Die Anbaufläche von Kaffee hat sich vor allem in der südlichen Hochland-Provinz Đắk Lắk auf heute eine halbe Million Hektar vergrößert, wodurch Vietnam hinter Brasilien der weltweit zweitgrößte Kaffeeproduzent geworden ist.

Landwirtschaftlich genutzte Flächen

Die lebenswichtigen Reisschüsseln Vietnams liegen im Delta des Roten Flusses (zwei Ernten jährlich) und im Mekong-Delta (drei Ernten jährlich). Die Feldstruktur ist relativ kleinräumig. Die einzelnen Parzellen werden durch relativ hohe Säume und Raine voneinander getrennt, die gleichzeitig als Wege dienen. Man kann ein ausgeklügeltes Bewässerungssystem erkennen. Wir sehen auf unserer Fahrt viele trockene, abgeerntete und gepflügte Reisfelder. Sie werden für einige Wochen in Ruhe gelassen, damit der Boden sich regenerieren kann. Es wird ein periodischer Fruchtwechsel praktiziert. Die nächste Aussaat von Reis beginnt im Februar. Nach der Flutung der Felder wird der Reis noch ganz traditionell jeweils mit einer schnellen Handbewegung gesäht. Nach einiger Zeit sprießt überall saftiges Grün aus dem Wasser. Dann werden einzelne Reispflanzen mit ihren Wurzel per Hand von Stellen entnommen, die zu dicht bewachsen sind, und in großen Bündeln gesammelt. Andere Arbeiter mit ihren typischen kegelförmigen Hüten waten durch den Sumpf und füllen zu dünn oder noch gar nicht bewachsene Stellen mit den Reispflanzen auf. Nach etwa zweieinhalb Monaten ist der Reis dicht gewachsen und bereit für die Ernte. Danach wird auch das Stroh eingesammelt und als große, hohe Strohhaufen in den Höfen gelagert. Die Reste werden mit einem von einem Büffel gezogenen Holzpflug unter gepflügt. Ganz selten sehen wir Traktoren, im Stile von alten Dampfmaschinen, mit extra breiten Metallrädern, die sich durch den tiefen Morast quälen. Dagegen sehen die Büffel geradezu elegant aus.

der Rote Fluß der Rote Fluß

An einigen Stellen beobachte ich kleine Gebiete mit wunderschönen Sumpfwäldchen. Und immer wieder fallen kleine Stupas, die Gräber der Ahnen, auf einzelnen Feldparzellen auf. Diese Felder sind Eigentum des jeweiligen Bauern. Die Felder ohne Stupas gehören der Regierung. Pächter dürfen darauf keine Ahnentempel errichten, sondern müssen mit den anderen in ausgewiesene buddhistische Friedhöfe ausweichen.

Zeichen einer intensiven Bauwirtschaft

 

Unser heutiges Ziel ist die Stadt Hạ Long, Hauptstadt der Provinz Quảng Ninh, mit inzwischen mehr als 300.000 Einwohnern. Wir sehen viele Fabriken in der Stadt, vor allem für die Textil- und Agrarwirtschaft. Am Wasser zusätzlich viele Zuchtbetriebe, insbesondere für Fische und Austern sowie einige Werften. Wir erkennen rege Bautätigkeit, vor allem für Straßen und Infrastruktur und Industriebetriebe. Bis zum Beginn der Coronakrise boomte auch der Tourismus in der Region, und es wurden viele neue Hotels und Anlagen errichtet. Derzeit ist für den Tourismus in Vietnam Hochsaison, aber die Zahlen liegen nur bei etwa 40 % der ursprünglichen Werte. Entsprechend sehen wir im Hafengebiet eine große Anzahl halbfertiger Gebäude für Hotels und Ferienanlagen und Baustellen, die noch immer ruhen.

Einige brachliegende Baustellen am Hafen

 

Unser Beiboot holt uns am Kai ab
Das Boot in der Mitte ist unser Beiboot und holt uns am Kai der Hafenanlage ab

Kaum angekommen kämpfen wir uns durch eine große Menschenmenge von Touristen hinunter zu einem der Anlegepunkte. Im gesamten Hafenbereich können wir etwa einhundert Touristenschiffe und gut nochmal so viele Beiboote ausmachen. Es ist ein rechtes Gewimmel, und wir spekulieren, welches der Schiffe nun unser Zuhause werden soll. Wir steigen zunächst auf eines der vielen Beiboote und werden höflich, aber wenig bestimmt aufgefordert, die Schwimmwesten anzuziehen. Dann macht sich das kleine Beiboot auf den Weg durch das Labyrinth der Schiffe. Nach nur kurzer Fahrt steuern wir auf eines der weißen Schiffe zu. Von außen macht es einen einigermaßen guten Eindruck. Wir steigen um und bekommen nach einer kurzen Begrüßung durch die Mannschaft unsere Kabinen zugewiesen. Nach einem kurzen Erkundungsgang durchs Schiff muss ich feststellen, daß wir ein luxuriöses und frisch überholtes Schiff bekommen haben, das mit elf sehr schönen und modernen Kabinen geradezu perfekt ausgestattet ist. Ich bekomme eine Einzelkabine mit eigenem Bad 😄.

Kurz nach dem Bezug unserer Kabinen findet sich unsere ganze Gruppe auf dem Oberdeck ein, um unser Auslaufen aus dem Hafen zu verfolgen. Der Eindruck eines recht vollen Hafens bestätigt sich auch von hier aus. Die Routen aller Schiffe sind streng vorgegeben und unterscheiden sich zwischen Tagesausflüglern und Übernachtungsgästen. Es gibt mehrere Zonen und ausgewiesene Ankerplätze, die in einer Art Rotationsverfahren den Routen zugewiesen werden. Auffallend sind einige große Frachter und Tanker, die den Industriehafen ansteuern. Weswegen die nicht in weiterem Abstand um die Bucht herum gelenkt werden, ist mir nicht ganz ersichtlich. Aber vielleicht liegt das an den notwendigen Wassertiefen.

Meine Kabine auf dem Schiff Meine Kabine auf dem Schiff

 

Wir verlassen den Hafen nach Süden Richtung Halong-Bucht. Auch in der Bucht schwimmt eine große Anzahl Touristenschiffe herum. Noch ist das Wetter bewölkt und nicht wirklich gut, aber immerhin hat es keinen Nebel.

Das Aussichtsdeck unseres Schiffes

 

Etwas südlich der Stadt liegt die 1994 von der UNESCO zum Weltnaturerbe erklärte Halong-Bucht. Auf einer Fläche von 1.900 km² ragen in der Bucht 1.969 Kalkfelsen vulkanischen Ursprungs zum Teil mehrere hundert Meer hoch aus dem Wasser. Die Kalkfelsen und Inseln sind unbewohnt und dicht mit Pflanzen bewachsen, auf den größeren existiert teilweise dichter Dschungel. Einige der Felsen und Inseln haben Höhlen, und manchmal haben die Naturkräfte regelrechte Durchgänge gebildet. Einige der Grotten und Höhlen sind nur bei Ebbe erreichbar. Das Kalksteinplateau, das die Bucht beheimatet, sinkt langsam ab, und das Meer ist hier circa 8 bis 15 Meter tief.

Unser Schiff
Unser Schiff an seinem nächtlichen Ankerplatz in der Halong-Bucht (Bild ist vom Mittwoch morgen)

 

Der Legende nach entstand die Bucht durch einen Drachen, der nahe am Meer in den Bergen lebte. Als er zur Küste lief, zog er mit seinem Schwanz eine tiefe Furche in das Land, die vom Meer überflutet wurde, nachdem er untergetaucht war. Der alte Name von Hanoi lautete Thang Long und bedeutet "aufsteigender Drache" und Vịnh Hạ Long bedeutet wörtlich "Bucht des untertauchenden Drachen". Nach der Gründung Vietnams wurde das Land von ausländischen Feinden angegriffen. Der Gott Ngoc Hoang schickte die Drachenmutter und ihre Drachenkinder zur Erde, um den Vietnamesen im Kampf gegen die Feinde zu helfen. Als die feindlichen Schiffe die Küste stürmten, spuckten die Drachen zahlreiche Juwelen aus. Diese verwandelten sich in kleine und große Felseninseln und zerstörten dabei die Feindschiffe.

Panorama in der Halong-Bucht
Der Versuch einer Panorama-Aufnahme in der Halong-Bucht

Ich kann mir nicht helfen, aber schon beim ersten Anblick der Karstkegel in der Bucht, kam mir sofort die strukturelle Ähnlichkeit mit den nordöstlich gelegenen Karstkegellandschaften von Guilin in Erinnerung, die ich bei einer Bootstour auf dem Li-Fluß genießen konnte. Die grünen, völlig bewachsenen Kegel gleichen sich im Prinzip. Auch wenn die Kegel in der Halong-Bucht im Wasser stehen und im unteren Bereich entsprechend stärker durch die Gezeiten bearbeitet worden sind, während sie in Guilin an Land stehen. Die beiden Landschaften sind fast 600 km weit voneinander entfernt und stehen nicht miteinander in Verbindung, wenngleich die sie erschaffenden Ausgangsmaterialien und Prozesse gleich sein dürften.

Stark bewachsener KarstkegelBild aus der Halong-BuchtBild aus der Halong-BuchtKarstkegel in der Halong-Bucht

 

Unser Schiff unternimmt eine kleine Rundfahrt in der Bucht und umschifft dabei verschiedene der grandiosen Karstfelsen. Langsam lockert die Bewölkung auf, und so kommt die Sonne für kurze Augenblicke zum Vorschein. Schließlich fahren wir am frühen Nachmittag zu einem, zunächst etwas abgelegenen Ankerplatz. Ein Teil unserer Gruppe setzt zu einer schwimmenden Plattform über und macht sich auf zu einer Erkundung der näheren Umgebung mit dem Kajak.

Kajak-Bucht
Die Bucht für die Kajaknauten. In der Mitte links erkennt man eine Austernfarm.
Bild in der Halong-BuchtBild in der Halong-Bucht

 

In der Zwischenzeit klart es weiter auf, und die Sonne kommt nun richtig zum Vorschein. Als wieder alle heil an Bord sind, fahren wir weiter zu unserem Ankerplatz für die Nacht. In dessen Nähe gibt es eine kleine Insel mit einem buddhistischen Tempel auf der Spitze und einem künstlich angelegten Strand zum Schwimmen. Mit unserem kleinen Beiboot kann man übersetzen. In diesem Gebiet haben bereits mehr als 20 Schiffe geankert. Die kleine Insel ist daher leider völlig überfüllt. Ich entschließe mich, auf dem Schiff zu bleiben und den nahenden Sonnenuntergang von hier aus zu genießen. Trotz eines ungünstigen Wolkenbandes am Horizont ist der Sonnenuntergang an diesem besonderen Ort sehenswert.

Beginnender Sonnenuntergang

Die Rückkehrer berichten, daß der Schwimmbereich stark eingeschränkt war und die Treppe zum Tempel völlig überlaufen war. Der Blick von oben sei zwar sehr schön, aber den Sonnenuntergang konnten sie nicht genießen, weil eine andere Insel den Blick auf die Sonne verdeckte.

SonnenuntergangDer letzte Blick des Tages auf die Sonne

In der Zwischenzeit sind weitere Schiffe angekommen und vor Anker gegangen. Es sind jetzt geschätzt 40 Schiffe. Auf einem anderen Schiff und einer benachbarten Yacht spielt irgendjemand entsetzlich laute Musik und singt dazu völlig falsch Karaoke, eine sehr beliebte Freizeitbeschäftigung in Asien. Nachdem es völlig dunkel geworden ist, beginnt unser Abendessen - bei uns Dank des gemeinsamen Widerstands aller Gruppenmitglieder ohne Karaoke.

Die Halong-Bucht bei Nacht
Die Halong-Bucht bei Nacht mit ihren vielen Besuchern

 

Mittwoch, 10. Januar 2024
Ich habe trotz der lauten Karaoke-Party auf den Nachbarschiffen und der ständig, sanft laufenden Maschinen hervorragend geschlafen. Es ist stark bewölkt. Noch vor dem Frühstück machen wir uns mit unserem Beiboot zur Besichtigung einer Höhle auf. Dort ist trotz der frühen Zeit schon einiges los. Wir erklimmen die steile Treppe zum Höhleneingang und genießen von zwei Aussichtspunkten einen schönen Blick in die Bucht.

Blick von oben auf die Bucht

Dann betreten wir die Tropfsteinhöhle und wandern von Kaverne zu Kaverne mit immer neuen Formationen. Anhand der Gegebenheiten in der Höhle kann man erkennen, daß die Bildung und das Wachstum der Tropfsteine immer noch weiter fortschreitet. Es ist warm und sehr feucht, und so schwitzt man die Hemden sofort durch. Es geht ein konstanter Zug von Frischluft durch die Höhle. Zum Teil haben die einzelnen Kavernen Öffnungen nach außen. Der für Besucher zugängliche Teil der Höhle ist gut präpariert und ausgeleuchtet. Nach einem kompletten Rundgang durch mehrere Höhlenbereiche kommen wir bei einem Ausgang in der Nähe unseres Eingangs wieder heraus.

Blick in die Tropfsteinhöhle

Nach einer kurzen Fahrt mit unseren Beiboot ganz nahe vorbei an drei Karstfelsen sind wir wieder bei unserem Schiff und genießen erst einmal ein leckeres Frühstück. Dann steigen die meisten auf unser Aussichtsdeck. Das Wetter hat sich leider weiter eingetrübt, Wind kommt auf, und es beginnt zu tröpfeln. Dabei handelt es sich um Ausläufer eines großen Schlechtwettergebiets über China, die einige Tage lang schlechtes Wetter bringen sollen. Alle sind froh, dass wir gestern gestartet sind und bedauern diejenigen Reisegruppen, die heute und morgen erst starten. Nach kurzer Zeit beginnt es stark zu regnen, und wir ziehen uns auf das untere Deck zurück. Dann räumen wir unsere Kabinen und versammeln uns wieder im Speisesaal für die übliche Abschiedszeremonie von der Mannschaft mit der obligatorischen Trinkgeldübergabe.

Einer der Karstkegel von ganz nah. Man erkennt eine kleine Höhle.

Wir fahren bei schlechtem Wetter wieder in unseren Ausgangshafen ein, siedeln wieder per Beiboot aufs Festland über und begeben uns schnell in unseren wartenden Bus, der uns zurück nach Hanoi bringt.

Wir machen einen längeren Halt bei einer besonderen Seidenstickerei Hong Ngoc. Der Betrieb wird von einem Kind eines Opfers von Agent Orange und ähnlichem amerikanischen Giftmüll geführt. Und hier werden Opfer der zweiten und dritten Generation dieser amerikanischen Kriegsverbrechen beschäftigt. Die Meisten der zweiten Opfergeneration haben verstümmelte Extremitäten oder andere entstellende Mutationen und sind oft unfruchtbar. Die Wenigen der dritten Opfergeneration sind überwiegend taub und stumm. Der Ort und der Betrieb sind eigentlich toll, weil sie einigen Menschen einen Lebensunterhalt bieten und auch Lebenssinn stiften. Die Idee, die Initiative und sicher auch die Hartnäckigkeit der Beteiligten ist bewundernswert. Die hier praktizierte Kunstfertigkeit ist sensationell. Und obwohl alle sehr freundlich und liebenswert sind, ist es doch ein ausgesprochen trauriger und auf gewisse Weise auch konfrontativer Ort. So, jedenfalls empfinde ich das als Chemiker, der die Theorie, die Bilder und auch die Folgen solcher Vergiftungen in seinem Lieblingsfach Toxikologie schon ausführlich durch genommen hat. Und trotzdem ist es nicht einfach, aber es ist gut, daß wir hier sind.

 

Wir nehmen noch ein einfaches vietnamesisches Mittagessen ein, - fried chicken rice, gebratener Reis mit allerlei Gemüse und Gewürzen und Hühnchen - bevor es weiter Richtung Hauptstadt geht. Insgesamt ist Vietnam, was den Eintrag von Müll in die Umwelt angeht, relativ gut und sauber. Jedenfalls viel sauberer beispielsweise als Griechenland. Es scheint staatlich organisierte Müllsammelaktionen zu geben. Staatlicherseits wird der Abfall derzeit überwiegend verbrannt. Manchmal liegt Müll, vor allem Plastikmüll, an den Straßenrändern und entlang von Feldern. Hin und wieder brennt auch mal ein kleiner Müllhügel. Aber das scheinen Ausnahmen zu sein und eher am entsprechenden Bezirk zu liegen. Denn entweder ist der ganze Bezirk ein wenig schmuddelig oder der ganze Bezirk ist sauber. Die Mehrheit der Bezirke ist erstaunlich sauber.

 

Eine violette Seerose

 

Hà Nội ("Stadt zwischen den Flüssen") ist die älteste der bestehenden Hauptstädte Südostasiens. Belegt ist sie in ihrem Gründungsjahr 1010 als Zitadelle Thăng Long. Im Laufe der Zeit wurde sie mehrfach von Invasoren erobert, verlor den Status als Hauptstadt und wurde mehrmals umbenannt. Als nach dem Ende des Krieges Nord- und Südvietnam wieder vereinigt wurden, wurde Hanoi erneut zur Hauptstadt von ganz Vietnam. Sie ist mit rund acht Millionen Einwohnern nach Ho-Chi-Minh-Stadt die zweitgrößte Stadt Vietnams. Bei der Fahrt durch die Hauptstadt fallen einige schön erhaltene französische Kolonialbauten auf.

Wir kommen gegen Nachmittag wieder in unserem Hotel an und bereiten uns für unseren Aufbruch zum Bahnhof um 20:15 Uhr vor. Nach einer kurzen Bustour kommen wir viel zu früh dort an und müssen noch warten, bevor wir zum Gleis vorgelassen werden. Unser Zug SE1 von Hanoi nach Saigon soll um 21:10 Uhr abfahren. Er steht schon bereit und wird von den Mitarbeitern noch hergerichtet. Unsere Gruppe ist in Wagen 9 in den Kabinen 1 bis 4 untergebracht. Mir ist Kabine 4, Bett 13 zugeteilt. Die Kabinen mit zwei Stockbetten / vier Betten und einem kleinen Tisch sind in Ordnung. Die Betten sind sehr hart und ein klein wenig zu kurz, aber wir bekommen Kopfkissen, Decke und Laken gestellt. Wir können unsere großen Koffer unter den Betten verstauen.

Abteil Nummer 4.
Zug SE1, Wagen 9, Abteil 4

Der Zug fährt pünktlich ab, und wir beobachten die Ausfahrt des Zuges im Gang, denn wir möchten die Train Street diesmal aus dem Zug beobachten. Auf den Straßen der Stadt ist noch sehr viel los, und an den Bahnübergängen warten jeweils hunderte von Mofas. Nachdem der Zug die Außenbezirke von Hanoi erreicht hat, legen wir uns schlafen. Der Zug fährt relativ langsam und rumpelt trotzdem mächtig hin und her. Erst am nächsten Morgen wird mir klar, weswegen das gar so schlimm ist. In Vietnam wird Schmalspur gefahren und die ist dafür eindeutig anfälliger. Der Zug hält auf unserem Streckenabschnitt an insgesamt 11 Zwischenstationen. Obwohl ich wirklich nicht gut schlafe, bekomme ich nur zwei Halts im Halbschlaf mit.

 

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