Kimberley und die Karoo

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Samstag, 02. Oktober 2021
Nach einem wunderbaren Frühstück fahre ich Rony zum Hangar. Das Ausräumen des Zelts ist recht schnell erledigt. Der Abbau des Dachzelts vom Dachträger funktioniert relativ unproblematisch, braucht aber aufgrund der vielen Schrauben und Teile durchaus seine Zeit. Der Rückbau des Dachzelts auf seine ursprüngliche Konstruktion hat es allerdings ganz schön in sich, wenn man den Trick nicht kennt. Das beschäftigt uns dann bis weit nach Mittag.

Ich fahre kurz nach zwei Uhr Richtung Kimberley los. Zunächst über die N14. Andreas hat mir noch einen guten Tipp gegeben, um die Ortschaft Reedfontain mit ihren 16 schlecht geschalteten Ampeln via Hardbeesfontain zu umfahren und direkt auf die N12 zu gelangen. Ich komme gut voran und dennoch schaffe ich die Entfernung nicht mehr ganz bei Tag. Die Strecke hat landschaftlich einiges zu bieten, was ich allerdings angesichts der einbrechenden Dunkelheit nicht allzu lange genießen kann. Mit der Dunkelheit wird die Fahrt - typisch Afrika - eher unangenehm. Ich geselle mich hinter einen großen Lastwagen und fahre langsam hinter ihm her. Macht mich jetzt nicht wirklich schneller, aber die Fahrt wird dadurch für mich um einiges sicherer - jedenfalls gefühlt.

Ich komme kurz nach acht Uhr in Kimberley an. Auch hier haben sich die illegalen Vororte um einiges vergrößert und wie ein Tumor in das eigentlich fruchtbare und knappe Farmland hinein gefressen. Die Hauptstraße erkenne ich wieder und dank meines GPS-Geräts finde ich auch das Hotel relativ schnell und unkompliziert. Leider muss Rony draußen schlafen, weil er für die gesicherte Hotelgarage zu hoch ist. Der Hotelangestellte ist etwas besorgt und informiert daher den Sicherheitsdienst. Der stellt doch glatt über Nacht einen eigenen Mitarbeiter zum Schutz von Rony ab.

 

Sonntag, 03. Oktober 2021
Ein phantastischer Tag in Kimberley bei bestem Wetter. Nach einem ausführlichen Frühstück fahre ich zum weltberühmten Big Hole. Dabei handelt es sich um einen gewaltigen Krater mit riesigen Dimensionen inmitten der Stadt. Er ist ein Überbleibsel der großen und wirklich geschichtsträchtigen Kimberley Diamantenmine. Beim Big Hole handelt es sich um das größte und tiefste je von Menschenhand gegrabene Loch. Es belegt eine Fläche von 17 Hektar und hat einen Umfang von 1,6 km.

 

Nachdem im Jahre 1866 erstmals ein Diamant, der Eureka mit 21,25 Karat (1 Karat entspricht 0,2 Gramm), nahe des Oranje-Flusses sowie weitere Diamanten auf freiem Feld in Schwämmsedimenten gefunden worden waren, arbeiteten schon 1870 rund 50.000 Menschen auf den Diamantfeldern um Kimberley. Die Brüder de Beer kauften 1871 Ackerland, mussten dieses aber relativ bald als Bergwerksminen wieder verkaufen. Trotzdem nahm eine Mine ihren Namen an. Im Juli 1871 wurden dann in Colesberg Kopje, dem späteren Big Hole, eine Handvoll Diamanten entdeckt.

Schließlich wurde 1888 von Cecil John Rhodes und Charles Rudd die Organisation De Beers Consolidated Diamond Mines ins Leben gerufen. Damit hat hier die Geschichte von De Beers, dem größten Diamantenkonzern der Welt, ihren Anfang genommen.

Genau wie in der nördlich von Johannesburg gelegenen Cullinan Diamantenmine ist das diamantführende Gestein ein subvulkanisches Material, das beim Aufstieg im Vulkanschlot verschiedene Bruchstücke aus der unteren Erdkruste sowie dem oberen Erdmantel mitgeführt hat. Dieses spezielle Gestein wird nach dem hiesigen Ort Kimberlit genannt. Es enthält die Diamanten als Einsprenglinge. Neuere Untersuchungen an großen Diamanten ergaben, dass sich diese mindestens 250 bis hin zu 750 km tief im Erdmantel inmitten einer flüssigen Metallschmelze gebildet haben müssen. In beiden Minen sind die ursprünglichen Formen der vulkanischen Schlote als Aushöhlung der Diamantgewinnung noch immer deutlich sichtbar.

Der größte jemals gefundene Rohdiamant, der  Cullinan, wurde 1905 in der Cullinan-Mine relativ nahe der Oberfläche entdeckt. Er wog 3.106,7 Karat oder 621,35 g und wurde 1908 von Joseph Asscher in Amsterdam in 105 Steine aufgespalten, wovon die neun größten Stücke nach ihrem Schliff Teil der britischen Kronjuwelen wurden.

Bei Einstellung des Bergbaubetriebs am Big Hole war das Tagebauloch 240 m tief und der Untertagebau erreichte eine Tiefe von 1.097 m. Im Laufe der Jahrzehnte sammelte sich immer mehr Schutt und Regenwasser in der Mine an. Heute befinden sich 25 m Schutt am Boden, der See hat eine Wassertiefe von 40 m, und sein Wasserspiegel liegt nun entsprechend 175 Meter unter der Oberfläche der Umgebung. Von 1871 bis zur Stilllegung der Mine wegen mangelnder Rentabilität am 14. August 1914 wurden 22.500.000 Tonnen Gestein ausgehoben. Dabei wurden insgesamt 2.722 kg beziehungsweise 14.504.566 Karat Rohdiamanten zutage gefördert.

 

Seit meinem letzten Besuch hat sich hier doch einiges verändert. Zwar gibt es noch immer den Kern des historischen Städtchens im Bergbau- und Freiluftmuseum mit seinen altertümlich anmutenden Häusern, Maschinen und dem großen Förderturm. Auch die historische Straßenbahn verkehrt weiterhin zwischen Rathaus und Museum. Aber das Besucherzentrum ist sehr stark vergrößert worden. Inzwischen kann man zu Fuß nicht mehr wie früher direkt an die Kante des großen Lochs, sondern läuft auf einer teilweise schwebenden Konstruktion über den Kraterrand rüber. Leider erzeugt die Konstruktion bei Wind oder wenn andere Besucher sie betreten sehr unangenehme Schwingungen, die aufgrund meiner Höhenangst so gar nicht gut sind. Ich bekomme zwar keine Panikattacke aber doch ein sehr beklemmendes Gefühl. Nachdem alle anderen Besucher die Plattform verlassen haben, begebe ich mich dann doch bis ganz nach vorne. Ziehe mich aber sehr bald wieder zurück.

Im Besucherzentrum gibt es eine interessante Ausstellung zur Geschichte der Mine vom ersten Fund eines Rohdiamanten auf einem Acker über die Gründung der Firma De Beers bis zum Ende der Mine. Die Ausstellungsstücke sind wirklich beeindruckend und geben einen interessanten Einblick in die damalige Zeit. In einem mehrfach gesicherten Tresor werden sogar verschiedene Diamanten in unterschiedlichen Großen, Farben und mit unterschiedlichen Schliffen ausgestellt.

Die sehr angenehme Fahrt von Kimberley nach Oudtshoorn entlang der N12 durchquert unter anderem auch Beaufort West. Im Kern ein niedliches kleines Nest, in dem die Zeit scheinbar vor einhundert Jahren stehen geblieben ist. Die Fassaden und die Kirche sind wie von damals. Leider ist die Gemeinde von einem großen Slum umgeben und kämpft sichtlich mit vielen Obdachlosen und Bettlern, die so gar nicht in die ländliche Idylle der Gemeinde passen wollen.

Schließlich führt mich die Strecke im Abendlicht durch die wunderbare Meringspoort Schlucht. Die Straße meandert ganz am Boden der Schlucht entlang und überquert vielfach den Grootrivier. Er führt etwas Wasser. Da die Sonne am Abend nicht mehr bis in die Schlucht hinein reicht, ist die Stimmung ganz anders als ich sie sonst kennengelernt habe. Die Felsen sind zwar nur indirekt, aber doch viel gleichförmiger ausgeleuchtet. Man erkennt die Faltstrukturen sehr gut und kann irgendwie erahnen, welche immensen Kräfte beim Auffalten des Gebirges auf das Gestein gewirkt haben müssen.

Schließlich komme ich noch vor Sonnenuntergang in Oudtshoorn an und mache mich sogleich auf die Suche nach meiner Unterkunft.

 

 

Für den Zeitraum unter der Woche vom 04. bis 08. Oktober 2021 siehe den nächsten Beitrag.

 

 

Samstag, 09. Oktober 2021
Zusammen mit einem anderen Volunteer mache ich mich am Vormittag auf zum Wasserfall Rust en Vrede (Ruhe und Frieden). Schon der Weg dorthin ist landschaftlich wunderschön. Wir laufen vom Parkplatz circa 500 m am Boden einer engen Schlucht entlang und weit hinein in die Swartberg Mountains. Die Steilwände neben uns werden immer höher, bis wir schließlich den Wasserfall am Ende der Schlucht erreichen. Das Wasser fällt in nur zwei Kaskaden die Klippe herunter und erlaubt durch den erzeugten Nebel eine dichte Vegetation. Die Sonne kommt die meiste Zeit des Jahres nicht bis zum Boden der Schlucht. Das Wasser ist absolut klar und sehr angenehm kühl. Wir haben heute eine mittelstarke Bewölkung, weswegen zeitweise die Sonne auch ganz hinter Wolken verschwindet.

Wir fahren weiter in Richtung Osten und in einem großen Bogen über die Meeringsport Schlucht bis nach Prince Albert. Die Meeringsport Schlucht ist geologisch eine fantastische Schlucht, an der man gut die Landbildungsprozesse aus lang vergangenen Erdzeitaltern ablesen kann. Wir besuchen mit einer kurzen Wanderung den Meeringsport Wasserfalls inmitten der grandiosen Schluchtenlandschaft. Noch in der Schlucht treffen wir eine große Pavianfamilie, die uns zum Glück nicht weiter behelligt.

Wir fahren weiter über Prince Albert und dann eine wunderschöne und doch irgendwie abenteuerliche Route über den Swartberg Pass. Kurz vor Prince Albert hat es geregnet. Auf der Strecke sehen wir insgesamt drei Dikdiks, und auf dem Swartberg läuft eine Entenfamilie mit vielen Kleinen quer über die Straße. Nur wenig später sehen wir dann einen Honigdachs, ein wirklich sehr seltenes Ereignis um diese Uhrzeit, der die Straße entlang läuft und sich unter einem Felsvorsprung versteckt.

Schließlich fahren wir zurück nach Oudtshoorn zum Surval Olive Boutique Estate und gönnen uns ein fürstliches Abendessen im Su Casa Restaurant mit:
    - Capatio vom Strauß
    - Straußensteak mit Kartoffelspalten
    - Crème brûlée mit Früchten
    - Erdbeermilchshake mit Marshmallows

 

Sonntag, 10. Oktober 2021
Heute lege ich einen Ruhetag ein, den ich im wilden, aber schönen Garten der Lodge verbringe. Die Sonne scheint und der Himmel ist typisch afrikanisch wolkenlos. Erst am Abend fahre ich zum Old Mill Restaurant zu einem leckeren Abendessen. Zum Start gibt es ein leckeres Trio mit Fleisch vom Strauß, Krokodil und Lachs. Als Hauptgang folgt ein Steak vom Eland mit Kartoffelspalten. Und zum Abschluss genehmige ich mir ein Vanilleeis mit Karamelsoße.

 

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